Grüne:Forscher bringt Trittin in Verbindung mit Pädophilie-Programm

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Jürgen Trittin, Spitzenkandidat von Bündnis 90/Die Grünen für die Bundestagswahl 2013. (Foto: dpa)

Wie hielten es die Grünen mit der Pädophilie? Der Politologe Franz Walter hat ein Göttinger Kommunalwahlprogramm gefunden, das 1981 forderte, Sex zwischen Kindern und Erwachsenen unter bestimmten Bedingungen zu erlauben. Presserechtlich verantwortlich war Jürgen Trittin. Spitzenkandidatin Göring-Eckardt nimmt ihren Kollegen in Schutz.

In der Pädophilie-Debatte um die Vergangenheit der Grünen gerät Spitzenkandidat Jürgen Trittin unter Druck. Trittin habe 1981 presserechtlich das Kommunalwahlprogramm einer Liste in Göttingen verantwortet, das Sex zwischen Kindern und Erwachsenen unter bestimmten Bedingungen straffrei stellen wollte, schreibt der Politologe Franz Walter in einem Beitrag für die taz. Trittin bestätigte Walters Angaben und äußerte sein Bedauern.

Der Parteienforscher Walter war im Mai von den Grünen mit der Aufklärung der Pädophilie-Verstrickungen in der Frühzeit der Partei beauftragt worden. Nach seinen Erkenntnissen war Trittin unter dem damaligen Göttinger Kommunalwahlprogramm der Alternativen-Grünen-Initiativen-Liste (AGIL) als eines von fünf Mitgliedern der Schlussredaktion aufgeführt. Jedoch steht laut Walter nur hinter Trittins Namen stehe das Kürzel V.i.S.d.P. - die Abkürzung für "Verantwortlich im Sinne des Presserechts". Trittin war damals Student und kandidierte für den Göttinger Stadtrat.

Auf Seite 33 des Heftes, auf dessen Titelseite ein Igel sowie der Titel "Wahlprogramm der AGIL" abgedruckt ist, sind Forderungen zum Thema "Schwule und Lesben" abgedruckt. Unterzeichnet ist die betreffende Seite, die Süddeutsche.de vorliegt, mit "Homosexuelle Aktion Göttingen". Im Wortlaut ist dort zu lesen: "Der entgegen weit verbreiteter Ansicht noch immer bestehende § 175 muß ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. Die §§ 174 und 176 StGB sind so zu fassen, daß nur Anwendung oder Androhung von Gewalt oder der Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses unter Strafe stehen."

Während § 175, der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellte, im Jahr 1994 endgültig aufgehoben wurde, beziehen sich §§ 174 und 176 auf sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen und Kindern.

Trittin räumt Fehler ein

Laut Walter plädierte die AGIL damit für eine strafrechtliche Freistellung von sexuellen Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen, die ohne Anwendung und Androhung von Gewalt zustande kamen.

"Franz Walter beschreibt die Sachlage zutreffend", sagte Trittin der taz. Nicht nur die Grünen seien in ihrer Gründungsphase als Partei dem organisierten Druck von Interessensgruppen ausgesetzt gewesen, die den Missbrauch von Kindern legalisieren wollten. "Dies war in der Göttinger AGIL eher noch ausgeprägter. Es war gerade ihr Selbstverständnis, die Forderungen einzelner Initiativen - in diesem Fall der Homosexuellen Aktion Göttingen - eins-zu-eins zu übernehmen," sagte Trittin.

Diesen falschen Forderungen sei die AGIL nicht energisch genug entgegengetreten: "Wir haben es nicht mal hinterfragt, als wir unser Programm zur Kommunalwahl 1981 erstellt haben," räumte Trittin ein. "Dies ist auch meine Verantwortung. Und dies sind auch meine Fehler, die ich bedauere." Es habe zu lange gedauert, bis diese Haltung korrigiert worden sei. Es könne keine Straffreiheit für Missbrauch geben, sagte Trittin.

Göring-Eckardt nimmt Trittin in Schutz

CDU-Politiker Philipp Mißfelder hat Trittin aufgefordert, wegen der Vorwürfe in der Pädophilie-Debatte seiner Partei Konsequenzen zu ziehen. "Herr Trittin soll sich wirklich überlegen, ob er der Richtige ist für diese Führungsaufgabe bei den Grünen", sagte Mißfelder am Montag in Berlin. Was 1981 von den Grünen in Göttingen veröffentlicht worden sei, nannte Mißfelder "absolut indiskutabel und abscheulich".

Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt hat ihren Mitstreiter in Schutz genommen. Trittin sei seinerzeit nicht bewusst gewesen, dass er 1981 als Verantwortlicher für die Veröffentlichung eines Kommunalwahlprogramms aufgeführt gewesen sei, sagte Göring-Eckardt im ZDF-"Morgenmagazin". Es sei für sie eine "nach wie vor unvorstellbare Geschichte", dass so eine Diskussion stattgefunden habe. Sie sei "sehr froh darüber, dass die Grünen mit dieser Phase inzwischen abgeschlossen hätten. Inzwischen verhalte sich die Partei bei der Frage von Gewalt gegen Kindern und Kindesmissbrauch "wirklich ein-eindeutig".

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/mati/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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