Bundesregierung:Grüne legen sich auf Frau als Nachfolgerin von Anne Spiegel fest

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12.04.2022, Schleswig-Holstein, Husum: Ricarda Lang (r), Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und Omid Nouripour (l), Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, sitzen während einer Tagung nebeneinander. Foto: Frank Molter/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (Foto: Frank Molter/dpa)

Nach dem Rücktritt der Familienministerin kündigt die Parteispitze an, noch in dieser Woche eine Lösung zu finden. Das dürfte nicht einfach werden. Und einen Mann zu benennen, schließt Parteichefin Lang aus.

Das Familienministerium soll auch künftig von einer Ministerin geführt werden. "Es wird eine Frau werden", sagt die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang zur Nachfolge der zurückgetretenen Anne Spiegel. Die Grünen haben in der Ampelkoalition das Vorschlagsrecht. Ihre Partei habe ihre Posten im Kabinett bisher paritätisch besetzt, das werde auch so bleiben, sagte Lang. Man werde "zeitnah" einen Vorschlag machen.

Das soll wohl noch in dieser Woche geschehen. Es gebe "jetzt auch ein Bedürfnis, diese Frage schnell zu klären", so Lang im Sender RTL/ntv. "Ich denke nicht, dass wir noch über Ostern hinweg uns mit dieser Frage beschäftigen werden." Das Amt habe für die Grünen eine große Bedeutung, da mit ihm "wahnsinnige Modernisierungsmöglichkeiten" einhergingen.

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Die Nachfolgefrage spielt auch bei der zweitägigen Klausur des Grünen-Bundesvorstands in Husum in Schleswig-Holstein eine Rolle. Eigentlich soll es schwerpunktmäßig um Energiethemen gehen. Doch nach Spiegels Rücktritt müssen die Grünen nun nur vier Monate nach Amtsantritt der Ampelkoalition eine neue Ministerin benennen.

Die Suche ist nicht leicht. Es wird bereits über Namen wie den des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter oder der Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt spekuliert, die bei der Regierungsbildung im Dezember leer ausgingen. In der parteiinternen Logik spricht gegen Göring-Eckardt, dass sie anders als Spiegel zu den Realos in der Partei zählt und nicht zum linken Flügel. Gegen Hofreiter spricht, dass er ein Mann ist.

Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, sagt: "Jede und jeder, der die Grünen kennt, weiß wie wichtig uns die Quotierung ist und wie wichtig, dass Frauen repräsentiert sind in Spitzenfunktionen. Auch das werden wir in der Frage der Entscheidung berücksichtigen."

In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Familienministerium immer von Frauen geführt. Letzter Mann an der Spitze war Heiner Geißler von 1982 bis 1985. Ihm folgten Rita Süssmuth, Ursula Lehr, Hannelore Rönsch, Claudia Nolte, Christine Bergmann, Renate Schmidt, Ursula von der Leyen, Kristina Schröder, Manuela Schwesig, Katarina Barley, Franziska Giffey, Christine Lambrecht und zuletzt Anne Spiegel. Die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel war von 1991 bis 1994 Frauen- und Jugendministerin, heute gehört dieser Teil zum Familienressort.

Spiegel hatte am Montag ihren Rücktritt erklärt, nachdem bekannt geworden war, dass sie im Sommer 2021 als damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin zehn Tage nach der verheerenden Flut zu einem vierwöchigen Familienurlaub nach Frankreich aufgebrochen war.

Spiegel hat offenbar Anspruch auf Übergangsgeld

Die Spitzen der Ampelkoalition zollten Spiegel Respekt für ihren Schritt. Für Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Regierung war es der erste Ministerrücktritt. "Ich habe mit Bundesministerin Anne Spiegel gut und gerne zusammengearbeitet", sagte der Kanzler, dessen Kabinett vor dem Rücktritt aus ebenso vielen Ministerinnen wie Ministern bestand.

Zum Amtsantritt als Familienministerin hatte Spiegel im vergangenen Dezember den Kampf gegen Kinderarmut und die Einführung der sogenannten Kindergrundsicherung als vorrangige politische Ziele genannt. Erst vor Kurzem war Spiegel mit ihrer Familie nach Berlin umgezogen. Ein Bundestagsmandat hat sie nicht, jedoch offenbar Anrecht auf ein Übergangsgeld. "Wer das Kabinett verlässt, bekommt nach einem Tag Amtszeit als Ministerin 75 600 Euro Übergangsgeld", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Michael Jäger, der Bild-Zeitung.

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