Grüne:Die humanitäre Hilfe und der Hummer

Justizsenatorin Anna Gallina

Schon die Nominierung von Anna Gallina zur Justizsenatorin hatte im Frühjahr für Verwunderung gesorgt, weil die 37-Jährige keine Juristin ist. Nun setzen Details aus den Ermittlungen gegen ihren Ex-Lebenspartner die Grünen-Politikerin unter Druck.

(Foto: Ulrich Perrey/dpa)

Eine Rechnung für ein mutmaßliches Abendessen auf Malta bringt Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina in Erklärungsnot.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Es gibt auch bei den Grünen Politiker, die Hummer mögen, warum auch nicht. Schwierig allerdings wird es, wenn der Hummer im Restaurant möglicherweise von der Partei finanziert wurde, und das erstens auf einer Insel im Mittelmeer. Und zweitens, noch komplizierter, im erweiterten Rahmen einer Reise, bei der es um eine Tragödie in diesem Meer ging.

Die Hamburger Grünen-Justizsenatorin Anna Gallina und mithin den rot-grünen Hamburger Senat, also die Landesregierung, bringt die Geschichte gerade in Erklärungsnot. Was war da passiert?

Mai 2017, Anna Gallina flog nach Malta. Als Landesvorsitzende der Hamburger Grünen ging sie an Bord eines Schiffs der Organisation Sea-Eye, dessen Besatzung Geflüchteten in Seenot half. "Ich bin in den nächsten Wochen vor Libyen unterwegs, weil ich einen Beitrag zur Rettung der Menschen leisten will", schrieb sie auf Facebook. Fotos zeigen sie mit Schwimmweste und geborgenen Kindern, ehe ein Maschinenschaden die Reise nach einem Tag stoppte.

Gegen Gallinas ehemaligen Lebensgefährten wird seit Monaten ermittelt

Das Problem: Nun soll eine Rechnung aufgetaucht sein, die ein mutmaßliches Abendessen mit Hummer auf Malta dokumentiert. 250 Euro, bezahlt aus der Fraktionskasse, also aus Steuergeld? Eingereicht, so wird berichtet, habe die Spesenquittung Michael Osterburg, damals Anna Gallinas Lebensgefährte und damals ebenfalls Grünen-Politiker.

Gegen Osterburg wird seit Monaten ermittelt. Es heißt, er habe in seiner früheren Funktion als Fraktionsvorsitzender der Grünen in Hamburgs Bezirk Mitte Geld der Fraktion veruntreut, deren neue Führung stellte im Frühjahr Strafanzeige. Es geht um alles in allem ungefähr 68 000 Euro, die Rede ist unter anderem von einem Aufenthalt auf Mallorca, von Rosen, Abendessen bei einem Hamburger Italiener und eben auch dem maltesischen Hummer-Dinner. Letzteren Bewirtungsbeleg fand die Staatsanwaltschaft offenbar in einer Menge von Papieren, die im Zuge des Falles Osterburg durchforstet werden.

Der Verdächtige ist nicht mehr in der Politik tätig, ein Paar sind die Eltern eines gemeinsamen Kindes auch nicht mehr, aber Anna Gallina gerät zunehmend in Schwierigkeiten. "Wasser für Flüchtlinge - Hummer für grüne Landesvorsitzende?", fragt die in Hamburg oppositionelle CDU. Hummer und Rosen? Manch einer erinnert sich an den einstigen Verteidigungsminister Rudolf Scharping, der 2001 in einer Bildstrecke mit Freundin auf Mallorca plantschte, während die Truppe vor einem Einsatz in Mazedonien stand.

Sie esse keinen Hummer, sagt Gallina. Es tue ihr leid, dass ein negativer Eindruck entstanden sei

Anna Gallina wollte sich zu Details erst nicht äußern, "um das gegen Herrn Osterburg laufende Ermittlungsverfahren nicht zu gefährden". Schließlich meldete sie sich am Freitag doch. Es tue ihr sehr leid, "dass rund um meinen humanitären Einsatz im Mittelmeer in der Öffentlichkeit ein so negativer Eindruck entstanden ist", sagte sie der dpa. Sie könne sich an einen Restaurantbesuch mit mehreren Personen einige Tage nach der Rückkehr von dem Einsatz auf See erinnern, "bei dem von anderen Hummer bestellt wurde", sie esse keinen Hummer. "Gleichwohl habe ich Verständnis dafür, dass ein solches Essen Irritationen und Empörung bei den Menschen hervorruft. Dafür möchte ich mich ausdrücklich entschuldigen." Sie sei auf Malta gewesen, um Menschen in Not zu helfen. "Dieses Engagement ist seit Jahren Kern meiner politischen Arbeit und darüber hinaus."

Es könnte dennoch sein, dass Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) die Personalie auf die Füße fällt. Schon ihre Nominierung zur Justizsenatorin hatte im Frühjahr für Verwunderung gesorgt, weil die 37-Jährige keine Juristin ist. Und die Affäre um ihren Ex begleitet sie seit ihrer Ernennung, noch dazu ist die zuständige Staatsanwaltschaft ihr unterstellt, auch wenn sie versichert, keinerlei Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen. Beistand kam kürzlich von Parteikollegin Katharina Fegebank, Hamburgs Zweiter Bürgermeisterin, die lobte, Anna Gallina mache "einen sehr guten Job als Justiz- und Verbraucherschutzsenatorin". Aber das war, bevor die Opposition bei der Sache mit dem Hummer auf Malta so richtig auf den Geschmack kam.

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