Grüne:Ärger auf Bestellung

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Bringt früh die Vermögensteuer in die Debatte: Anton Hofreiter. (Foto: Angelika Bardehle)

Bei den Grünen bricht heftiger Streit über die Steuerpolitik aus. Abgeordnete fühlen sich übertölpelt, und Konflikte drohen sich zu wiederholen. Vor allem die Vorschläge zur Vermögensteuer haben Unfrieden zur Folge.

Von Stefan Braun und Susanne Höll, Berlin/Wiesbaden

Die Grünen bekommen nun doch, was sie unbedingt vermeiden wollten: einen Streit über ihre künftige steuerpolitische Ausrichtung. Nachdem zu Beginn der Woche Simone Peter und Anton Hofreiter in getrennten Auftritten für die Einführung einer Vermögensteuer plädiert haben, melden sich nun Landesverbände und Bundestagsabgeordnete mit scharfer Kritik zu Wort. Sie rügen die inhaltliche Positionierung der Co-Vorsitzenden von Partei und Fraktion und zeigen sich verärgert darüber, dass beide versuchen würden, mitten in internen Abstimmungen persönliche Steckenpferde festzuklopfen. Tatsächlich hatten die Partei- und Fraktionsvorsitzenden früh in der Legislaturperiode vereinbart, das besonders heikle Feld der Steuerpolitik intern und gemeinsam zu bearbeiten, um eine Wiederholung früherer Konflikte zu verhindern. Nun droht genau der, weil Peter und Hofreiter die Vermögensteuer vor Abschluss der Arbeiten in die Debatte gebracht haben.

Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, sagte der Süddeutschen Zeitung, er hätte sich als Ergebnis von zwei Jahren Steuerkommission der Bundespartei ein stimmiges Gesamtkonzept gewünscht. "Stattdessen wird die Diskussion nun auf ein problematisches Einzelinstrument verengt, das ärgert mich", erklärte Janecek. "Damit wiederholen wir die Fehler von 2103."

Der Bundestagsabgeordnete aus Bayern verweist damit auf den heftigen Steuerstreit, der sich im letzten Bundestagswahlkampf an Plänen des Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und anderer festgemacht hatte. Die Grünen waren damals mit einem Konzept in die Wahl gezogen, das zum Teil empfindliche Steuererhöhungen von einem Jahreseinkommen von 60 000 Euro an vorsah. Dazu gehörte eine Vermögensabgabe, die der von Peter und Hofreiter favorisierten Steuer bis in die Details sehr ähnelt. Nicht zuletzt Letzteres hatte zu heftiger Kritik unter anderem aus dem Landesverband Baden-Württemberg geführt.

Janecek und mit ihm eine ganze Reihe von Mitstreitern aus der Bundestagfraktion halten die Idee einer Vermögensteuer grundsätzlich für problematisch. "Wir brauchen wirksame Konzepte, keine Symbolpolitik, die an den wahren Problemen der Menschen vorbeigeht", mahnte der Wirtschaftsexperte. Für ihre Einführung gebe es keinen politischen Partner; zudem halte er den von Peter und Hofreiter erhofften Ertrag von gut zehn Milliarden Euro für unrealistisch, da Kollateralschäden wie Abwanderungen nicht einkalkuliert seien. Und dann halte er es auch noch für ein großes Problem, dass eine Substanzbesteuerung für mittelständische Unternehmen unvermeidlich mit einhergehen werde.

Der Grünen-Abgeordnete und seine Kollegen, darunter Thomas Gambke und Kerstin Andreae, bemühen sich um ein Konzept, das dem Ziel größerer sozialer Gerechtigkeit auf andere Weise gerecht wird. "Kampf gegen Ungleichheit heißt vor allem, Geringverdienern den Vermögensaufbau zu erleichtern", so der Grünen-Abgeordnete. Dazu gehörten Bemühungen, bei der Einkommensteuer für Gering- wie für Spitzenverdiener etwas zu ändern und durch die Schaffung staatlich geförderter Bürgerfonds für Bezieher niedriger Einkommen die Chance zum Vermögensaufbau zu verbessern. "Wer das ernsthaft erreichen will, darf nicht mit Einzelvorschlägen vorpreschen und die Debatte beherrschen wollen", heißt es aus dem Kreis derer, die wie Janecek seit Längerem an einem umfassenden Konzept arbeiten und sich jetzt übertölpelt fühlen.

Kritik kam auch aus den Ländern. Der Fraktionschef der Grünen im hessischen Landtag, Mathias Wagner, sagte der SZ, er finde es alles andere als hilfreich, "wenn jetzt jeder sein steuerpolitisches Lieblingsinstrument präsentiert, ohne dass ein abgestimmtes Gesamtkonzept vorliegt". Es sei kein Geheimnis, dass die Grünen eine höhere Besteuerung von Vermögenden und Reichen befürworten würden, so Wagner weiter. Aber damit beschäftige sich seit Längerem ebenjene Arbeitsgruppe der Partei, die ihre Diskussionen noch nicht abgeschlossen habe. Zuvor hatte Wagner Peter und Hofreiter via Twitter kritisiert und geschrieben, er könne einfach nicht verstehen, warum "einige beim Thema Steuern zum zweiten Mal mit gleichem Kopf gegen die gleiche Wand rennen" wollten.

Auch in anderen Landesverbänden sind die Zweifel vor allem an der Vermögensteuer erheblich. Keine einzige Rot-Grün geführte Landesregierung hat nach dem Bundestagswahlkampf den Versuch unternommen, die Pläne aus dem Sommer 2013 umzusetzen. Bis zur Sommerpause 2016 will die Steuer-Arbeitsgruppe der Partei nun umfassende Vorschläge auf den Tisch legen. Ihre Vorsitzende: Simone Peter.

© SZ vom 20.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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