Großrazzia gegen Salafisten in Berlin:Terrorverdächtiger wollte offenbar nach Syrien ausreisen

  • Die Berliner Polizei geht am Morgen mit Razzien gegen die Salafistenszene vor und nimmt zwei Männer fest.
  • Sie stehen im Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Syrien. Für Anschlagspläne in Deutschland gibt es keine Anhaltspunkte.
  • Im Einsatz waren 250 Beamte und drei Spezialeinsatzkommandos.
  • In den vergangenen Tagen ging die Polizei in verschiedenen Städten gegen die islamistische Szene vor, darunter in Wolfsburg, Köln und Pforzheim.

Großrazzia gegen Berliner Salafistenszene

Bei einem Großeinsatz gegen Terrorverdächtige hat die Berliner Polizei an diesem Freitagmorgen zwei Männer festgenommen. Die 41 und 43 Jahre alten Festgenommenen und drei weitere Männer stehen der Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei zufolge im Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Syrien. Sie hätten auch für die Terrormiliz "Islamischer Staat" geworben. Darüber hinaus bestehe der Verdacht der Geldwäsche.

Selbsternannter "Emir" bereitete wohl Ausreise vor

Die Beschuldigten seien dem gewaltbereiten salafistischen Spektrum zuzurechnen, heißt es in der Mitteilung weiter. Sie ließen eine "ideologische Nähe zu terroristischen Organisationen, wie der IS sowie tschetschenischen Gruppierungen, die in Syrien kämpfen", erkennen. Die Behörden werfen dem Verdächtigen Ismet D. vor, als selbsternannter "Emir" und "Weisenratspräsident" eine islamistische Extremistengruppe in Berlin-Tiergarten anzuführen.

Polizeisprecher Stefan Redlich zufolge bereitete der "Emir" gerade seine Ausreise nach Syrien vor. "Wir haben bei den Durchsuchungen Flugtickets für diese Reise gefunden und beschlagnahmt", sagte Redlich der Nachrichtenagentur dpa. Deshalb habe die Polizei gehandelt.

Mitglieder aus Tschetschenien und Dagestan

Die Mitglieder der Zelle kommen wohl überwiegend aus Tschetschenien und Dagestan. Es handelt sich dabei um türkische und russische Staatsangehörige. In den muslimisch geprägten Gebieten im Süden Russlands radikalisieren sich immer wieder junge Männer, um als Kämpfer für den Islamischen Staat nach Syrien zu reisen.

In Berlin soll Ismet D. seine Anhänger durch seinen Islamunterricht radikalisiert und auf die Teilnahme am Krieg in Syrien vorbereitet haben. D. und der für Finanzen zuständige 43-jährige Emin F. sollen zudem Mitglieder der Gruppe bei der Ausreise nach Syrien organisatorisch und finanziell unterstützt und später erhebliche Geldbeträge für schwere Gewalttaten zur Verfügung gestellt zu haben. Es besteht auch der Verdacht, dass ausgereiste Mitglieder mit hochwertigem militärischen Material - etwa Nachtsichtgeräten - ausgerüstet wurden.

Keine Anhaltspunkte für Anschlagspläne in Deutschland

Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie Anschläge in Deutschland geplant hätten. Durchsucht wurden im Auftrag des Berliner Generalstaatsanwalts elf Wohnungen mit Schwerpunkt in den Berlinerer Stadtteilen Moabit und Wedding. Im Einsatz waren 250 Beamte und drei Spezialeinsatzkommandos.

Durchsuchungen und Festnahmen von Syrien-Heimkehrern

Zwar erklärte Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU), dass der Anti-Terror-Einsatz in keinem Zusammenhang zu den Attentaten in Paris stünde. Gleichwohl kommt es seit den Anschlägen verstärkt zu Durchsuchungen und Festnahmen von Heimkehrern aus Syrien und dem Irak:

  • Am Donnerstag war in Wolfsburg ein Deutsch-Tunesier festgenommen worden, der sich dem IS angeschlossen haben soll. Während eines knapp dreimonatigen Aufenthalts in Syrien soll er eine Kampfausbildung durchlaufen haben.
  • Ebenfalls am Donnerstag hatte die Polizei in Pforzheim Wohnungen mutmaßlicher Islamisten durchsucht. Gegen die Verdächtigen wird wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. Es seien Beweismittel beschlagnahmt worden. Es gab keine Festnahmen.
  • Am Dienstag nahm die Bundespolizei am Flughafen Düsseldorf den mutmaßlichen Terroristen Irfan D. fest. Der Mann war aus Ankara nach Deutschland eingereist. Gegen ihn lag seit 2011 ein internationaler Haftbefehl vor, US-amerikanische Antiterrorbehörden hatten ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Irfan D. sitzt in Untersuchungshaft.
  • Am Montag nahm eine Spezialeinheit einen Islamisten im Kölner Stadtteil Brück vorübergehend fest. Der 29-Jährige soll einen Bekannten in Wuppertal angerufen und mit Anschlägen gedroht haben.
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