Große Koalition:Zuversichtliche Union trifft auf zurückhaltende SPD

  • Angela Merkel geht "mit gutem Mut" in die Gespräche zwischen Union und SPD, die am Mittwoch beginnen.
  • Die SPD reagiert eher zurückhaltend. Die Sozialdemokraten hätten "nichts zu verschenken", erklärt Fraktionschefin Andrea Nahles.
  • In einer Fraktionssitzung diskutierten die Sozialdemokraten offenbar alternative Formen für eine Regierungszusammenarbeit jenseits einer großen Koalition.

Vor den Gesprächen zwischen SPD und Union hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel zuversichtlich geäußert. "Ich gehe mit gutem Mut und auch einer großen Unterstützung in die anstehenden Gespräche", sagte die Kanzlerin nach Treffen der CDU-Spitzengremien in Berlin.

An diesem Mittwoch wollen die Spitzen von Union und SPD erstmals Gemeinsamkeiten ausloten.

Als Schwerpunktthemen der Union nannte die CDU-Vorsitzende innere und äußere Sicherheit sowie Migration. CDU und CSU hätten inzwischen eine gemeinsame Flüchtlingspolitik erarbeitet. Dass die Schwesterparteien sich nicht früher über die Migrationspolitik einigen konnten, habe bei der Bundestagswahl im September Wählerstimmen gekostet.

Der CDU-Vorstand und das Parteipräsidium hätten "zwei intensive und gute Tage" voll sinnvoller Besprechungen hinter sich. Außerdem bestehe "heute die Einigkeit" gegen eine Minderheitsregierung, die zuletzt CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn vorgeschlagen hatte. Die Kanzlerin lehnte sie als instabil ab. Neuwahlen bezeichnete sie als "Spekulationen".

Für die SPD sind beide Möglichkeiten - die Duldung einer Minderheitsregierung oder Neuwahlen - noch nicht vom Tisch. So diskutierte die SPD-Fraktion offenbar alternative Formen der Regierungszusammenarbeit. Parteichef Martin Schulz erläuterte auch ein Modell, bei dem nur bestimmte Projekte im Koalitionsvertrag verankert werden, andere aber bewusst offen bleiben, damit sie im Bundestag diskutiert und ausverhandelt werden - das würde mehr Raum geben zur Profilierung. Schulz selbst habe keine Präferenz für ein bestimmtes Modell ausgedrückt, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Genau wie die SPD, deren Parteitag die Gespräche abgesegnet hat, betonte Merkel deren Ergebnisoffenheit. Sie seien eine "Sondierung, ob es zu Sondierungsgesprächen kommt".

Zugleich sollen die Gespräche, die 80 Tage nach der Bundestagswahl beginnen, "zügig" vonstattengehen. Das sei deshalb nötig, weil die EU auf eine funktionsfähige Bundesregierung angewiesen sei. Und es sei möglich, weil die Verhandlungspartner einander gut genug kennen, um nur "Leitplanken" statt Details zu diskutieren.

Die SPD will "einfach erstmal reden und schauen"

Aus der SPD kommt eine eher zurückhaltende Reaktion: Ihre Partei wolle "einfach erstmal reden und schauen", kommentierte Andrea Nahles. Die SPD werde am Freitag beraten, wie es nach dem ersten Gespräch weitergehen soll, erklärte sie nach dem Fraktionstreffen in Berlin. Die Frage, ob sie wie Merkel mit raschen Ergebnissen rechne, verneinte die Fraktionschefin.

"Wir gehen da erstmal ohne ein Arsenal von roten Linien rein", kündigte Nahles zu inhaltlichen Forderungen an. Andererseits verdeutlichte sie, dass die Sozialdemokraten nicht um jeden inhaltlichen Preis koalieren werden: "Dass wir jetzt nix zu verschenken haben, ist auch klar." Die SPD habe "klare Vorstellungen", die nicht verhandelbar seien - etwa, dass das System der Zweiklassenmedizin nicht funktioniere.

Das könnte in den anstehenden Gesprächen zu einem Knackpunkt werden: Die SPD fordert eine Bürgerversicherung, die die Union indes ablehnt. Merkel hat das erneut betont: Eine Bürgerversicherung komme nicht infrage, weil sie die Gefahr einer "Einheitskasse" berge. Trotzdem sieht die CDU-Chefin "eine ganze Reihe von Schnittmengen".

Die Sondierungen mit FDP, Grünen und Union waren im November nach fünf Wochen gescheitert. Das Jamaika-Aus habe Deutschland den Ruf verpasst, nicht "hyperschnell" zu sein, kommentierte Merkel. Als weiteren Unterschied zu den vorherigen Sondierungen betonte die Kanzlerin, dass weniger Inhalte nach außen dringen und die Verhandler nicht so viel twittern und mit der Presse sprechen sollen.

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