Große Koalition und ihre Probleme:Viel reden, wenig tun

Die Bundesregierung beschwört einmal mehr den "Willen zur Einigung" - doch praktische Politik folgt nicht daraus. Dabei gibt es derzeit genug Probleme.

Nico Fried und Claus Hulverscheidt

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Trotz aller öffentlichen Streitereien gibt es in der großen Koalition einen "Willen zur Einigung" - das hat jedenfalls Regierungssprecher Ulrich Wilhelm beobachtet. Schaden könnte das nicht, denn Probleme, die zu lösen wären, gibt es derzeit genug.

Opel:

Der Streit um Opel hat eine atmosphärische und eine sachliche Ebene. Für schlechte Stimmung in der Union sorgten der Auftritt von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vor Arbeitern in Rüsselsheim sowie frühzeitige, unabgestimmte Hilfszusagen aus den Reihen der Sozialdemokraten. Die wiederum verübeln Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), dass er die Idee einer Insolvenz ins Spiel gebracht hat, und wittern bei Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mehr Show als Substanz. In der Sache sind sich Union und SPD zumindest insoweit einig, dass zunächst private Investoren für Opel gesucht werden sollen. Darüber, ob es ernsthafte Interessenten gibt, gehen die Aussagen allerdings genauso auseinander wie über die Qualität des Sanierungskonzepts. Die Bundesregierung ist bereit, finanzielle Engpässe mit Bürgschaften abzusichern. Mehr jedoch will die Union nicht. Die SPD hingegen schließt auch eine direkte Staatsbeteiligung nicht aus.

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Steuerflucht:

Grundsätzlich sind sich Union und SPD einig, dass der internationale Druck auf Steueroasen wie die Schweiz und Liechtenstein weiter erhöht werden soll. Die betroffenen Staaten sollen den deutschen Finanzbehörden in Zukunft umfassend Auskunft über Kontostände und -bewegungen erteilen, wenn der Verdacht besteht, dass Bundesbürger Geld am Fiskus vorbei ins Ausland geschleust haben. Der Gesetzentwurf von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) geht der Union aber zu weit: Er will die Auskunftspflicht auf alle deutschen Unternehmen ausweiten, die in Steueroasen Geschäfte machen. Liefern die Firmen die geforderten Informationen nicht, sollen sie bestimmte Ausgaben nicht mehr von der Steuer absetzen können. Aus Sicht von CDU und CSU stellt Steinbrück damit weite Teile der deutschen Wirtschaft unter einen Generalverdacht - nämlich den, dass ihre Aktivitäten etwa in der Schweiz allein dem Ziel der Steuerhinterziehung dienen. Trotz dieses Grundsatzbedenken tut sich die Union mit einem Veto gegen Steinbrücks Pläne aber schwer: Die SPD hat nämlich bereits angekündigt, dass sie CDU und CSU im Falle einer Blockade im Bundestagswahlkampf der Kumpanei mit Steuerhinterziehern bezichtigen will.

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Managergehälter

Die Finanzexperten von Union und SPD haben sich schon vor Wochen auf Regeln zur Begrenzung überhöhter Gehälter geeinigt. Die SPD verlangt darüber hinaus, dass Firmen Gehälter und Abfindungen nur noch bis zu einer Grenze von einer Million Euro pro Kopf steuermindernd geltend machen können. Der Koalitionsausschuss vereinbarte, die vorhandene Expertengruppe um führende Koalitionspolitiker zu erweitern, was nach derzeitigem Stand der Kompromissfindung nicht dienlich war.

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Mindestlohn:

Union und SPD sind sich einig, für Zeitarbeiter Lohnuntergrenzen festzulegen. Umstritten ist, an welchem Tarifvertrag die Lohnuntergrenze ausgerichtet werden soll. Die Union will nur den niedrigsten Tariflohn eines Flächentarifvertrages akzeptieren. Dies wäre faktisch ein Tarifvertrag der Christlichen Gewerkschaften (CGZP) mit der Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen, der aber nur für einige tausend Beschäftigte gilt und ab Juli Stundenlöhne von 7,32 Euro im Westen und von sechs Euro im Osten vorsieht. Weil der West-Lohn aber in den ersten sechs Monaten um zehn Prozent unterschritten werden darf, liegt der Richtwert unter 7,30 Euro. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) hat nun vorgeschlagen, aus den vier Flächentarifen der Branche einen Durchschnittswert für die 700000 Beschäftigten der Branche zu bilden. Dies liefe nach seinen Angaben im Westen auf einen Mindestlohn von "etwas über 7,30 Euro" hinaus.

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Jobcenter:

Der Streit um die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen liegt auf Eis, seit die Unions-Fraktion einen bereits ausgehandelten Kompromiss abgelehnt hat. Dieser Vorschlag, abgestimmt zwischen Arbeitsminister Olaf Scholz und den Ministerpräsidenten der Länder, sah eine Grundgesetzänderung vor, um die Verfassungswidrigkeit der Mischverwaltung von Bund und Kommunen in den Jobcentern zu legalisieren. Nun könnte es passieren, dass die Agentur für Arbeit und die Gemeinden wieder getrennte Anlaufstellen einrichten und getrennte Bescheide verschicken müssen.

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