Große Koalition:Nahles mahnt CSU und CDU

Die SPD-Chefin äußert angesichts des erbitterten Asylstreits Zweifel, ob die Unionsparteien "in der Lage und willens sind" weiterzuregieren. In der Sache stellt sie sich an die Seite der Kanzlerin.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat die Regierungspartner CDU und CSU vor dem Treffen des Koalitionsausschusses an diesem Dienstag eindringlich zu einer Lösung des Asylstreits aufgefordert. Es gehe in dieser entscheidenden Woche für Deutschland darum, ob man sich vom "europäischen Weg verabschiedet". Ihrer Meinung nach könne es im Asylstreit in der EU zu grundlegenden Weichenstellungen kommen. Sie hätte sich zwar vom EU-Minigipfel am Sonntag mehr erwartet, immerhin werde aber über europäische Lösungen geredet. An die CSU gerichtet, sagte sie: "Umso ärgerlicher ist es, dass einige vor allem ihre eigene Landtagswahl im Blick haben." Das müsse überwunden werden.

Die SPD hatte vergangene Woche die Einberufung des Koalitionsausschusses verlangt. Es ist das erste Mal, dass das Spitzengremium der großen Koalition in dieser Legislaturperiode zusammenkommt. Vonseiten der SPD nimmt neben Nahles auch Vize-Kanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz an dem Treffen teil.

Nahles sieht ihre Partei im erbitterten Asylstreit der Union jedoch in keiner Vermittlerrolle. "Die Probleme zwischen CDU und CSU können wir nicht lösen", sagte die SPD-Chefin. "Die müssen sie selber lösen. Das allerdings erwarte ich auch." Alle Lösungen müssten mit der SPD dann abgestimmt werden. Beim Koalitionsausschuss an diesem Dienstag werde man auch grundsätzliche Fragen der Zusammenarbeit in der Koalition ansprechen. Es könne nicht sein, dass der Eindruck entsteht, dass die Parteien CDU und CSU die Regierung ersetzten. "So wie das in den letzten Wochen gegangen ist, werden wir das nicht akzeptieren", sagte Nahles.

Nahles dämpfte Erwartungen an das Krisentreffen. Mit "konkreten Ergebnissen" rechne sie nicht. Aus ihrer Sicht habe auch das Wochenende nicht zu einer Beruhigung der Lage beigetragen. Der Machtkampf zwischen CDU und CSU tobe weiter. "Für mich ist im Moment nicht erkennbar, ob beide in der Lage und willens sind, noch weiter konstruktiv in der Regierung zusammenzuarbeiten."

In der Sache stellte sich Nahles an die Seite von Kanzlerin Merkel. Sie warnte die europäischen Staaten davor, jetzt nur in "kurzfristigen, nationalen Kategorien" zu denken. "Jeder Alleingang fällt irgendwann auf einen selbst zurück", sagte Nahles. Das gelte auch für Deutschland. Die SPD habe zudem Zweifel, dass die von CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer beabsichtigte Zurückweisung von Flüchtlingen, die in anderen Ländern bereits registriert worden sind, mit EU-Recht vereinbar sei. In diesem Fall liege ein Dissens mit der CSU vor.

Jedoch erneuerte Nahles ihren Vorschlag, für die zur Debatte stehenden Asylfälle beschleunigte Verfahren anzuwenden: "Die SPD steht in diesen Fragen für Vernunft, für Realismus, für Humanität und Europa."

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