Süddeutsche Zeitung

Große Koalition:Gabriel: Seehofer fällt Merkel in den Rücken

  • SPD-Chef Gabriel wirft CSU-Chef Seehofer vor, erst mit Merkel eine gemeinsame Linie festgelegt zu haben und dann die Verhandlungen mit der Türkei zu torpedieren.
  • Seehofer hatte entgegen der Verhandlungsgrundlage der Bundesregierung erklärt, die CSU wolle keine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei und keine volle Visumfreiheit für das Land.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat mit Unverständnis auf die jüngsten Äußerungen von CSU-Chef Horst Seehofer zu den EU-Türkei-Verhandlungen reagiert. "Wenn wir eine Verhandlungslinie für Deutschland festlegen, und Angela Merkel folgt ihr, kann man ihr nicht kurze Zeit später in den Rücken fallen", sagte Gabriel. Seehofer habe selbst am 5. November 2015 gemeinsam mit Kanzlerin Merkel und ihm beschlossen, "der Türkei Visaerleichterungen, Geld und auch neue Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit der EU anzubieten", betonte der SPD-Vorsitzende.

"Es ist absolut unverständlich, dass die CSU genau das jetzt kritisiert und damit die deutschen Verhandlungen zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen immer schwerer macht." In einem Beschluss vom 5. November zum weiteren Vorgehen in der Flüchtlingskrise hatten sich die drei Parteichefs von CDU, CSU und SPD unter anderem für eine "Beschleunigung der Verhandlungen zur Visumfreiheit" mit der Türkei ausgesprochen.

Die CSU hatte am Montag jedoch Bedingungen für die weiteren Verhandlungen zwischen der EU und der Türkei formuliert. Seehofer hatte in München unter anderem erklärt, die CSU wolle keine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei und keine volle Visumfreiheit für das Land.

Seehofer beharrt auf seinem Kurs

Nach dem schwachen Abschneiden der CDU bei den Landtagswahlen am vergangenen Sonntag hat CSU-Chef Horst Seehofer seinen Kurs in der Flüchtlingspolitik verteidigt. Für schlechte Wahlergebnisse seien nicht "diejenigen verantwortlich, die auf den Fehler hinweisen, sondern diejenigen, die den Fehler gemacht haben", betonte der Ministerpräsident nach der Sitzung seines Kabinetts im niederbayerischen Aldersbach. Bayern werde seinen Kurs nicht ändern.

Zuvor hatte die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Horst Seehofer aufgefordert, zur Geschlossenheit in der Union zurückzukehren. Das Wahlergebnis von Sonntag sei "mit Blick auf unsere Wähler auch ein Ausdruck davon, wie unzufrieden die Menschen mit der Uneinigkeit innerhalb der Regierung und besonders auch zwischen CDU und CSU sind", sagte die CDU-Landesvorsitzende der Saarbrücker Zeitung.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2909177
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/dayk/ondr
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.