Große Koalition:Die Kanzlerin ziemlich allein zu Haus

Angela Merkel kämpft um ihre Regierung - und zeigt so den großen Unterschied zu Kurt Beck. Sie hält ihren Kopf hin für eine Koalition, in der die SPD immer stärker zur Opposition wird.

Stefan Braun

Der Schreck ist Angela Merkel in die Knochen gefahren, und zwar nachhaltig. Dass sie sich so schnell und noch vor dem Wahlsonntag in Hessen und Niedersachsen der Hauptstadtpresse gestellt hat, zeigt eindrücklich, wie groß ihre Sorge um die Regierung, aber auch um ihr eigenes Bild in der Öffentlichkeit geworden ist.

Große Koalition: Ziemlich einsam, aber fest entschlossen: Angela Merkel.

Ziemlich einsam, aber fest entschlossen: Angela Merkel.

(Foto: Foto: dpa)

Die immer schärferen Töne der vergangenen Tage haben mehr und mehr verdeckt, dass es neben den Landtagswahlen noch anderes gibt als pöbelnde Parteien. Es gibt eine Bundesregierung, von der die Bürger Arbeit und Ergebnisse erwarten, kein verbales Gemetzel. Spät hat Merkel das begriffen. Aber immerhin: Sie hat es verstanden. Sie hat endlich das Kostüm der Kanzlerin aus dem Schrank geholt. Es ist höchste Zeit gewesen.

Dahinter steckt ein Zorn über sich selber. Ein Zorn darüber, dass sie der CDU-internen Euphorie über Roland Kochs Kampagnenfähigkeit anfangs selbst erlegen ist. Solche emotionalen Ausflüge hat es bei Angela Merkel sehr selten gegeben - und noch jedes Mal sind sie schiefgegangen. So war es 2005 beim ach so gloriosen CDU-Parteitag in Leipzig.

Jubelnd feierten sich damals alle Christdemokraten, ohne zu merken, auf welch tönernen Füßen sie tanzten. Und so war es 2005 bei der Ernennung von Paul Kirchhof zum Wahlkampf-Finanzexperten. Zu Beginn wurde er wie der neue Heilsbringer bejubelt - ohne dass Merkel spürte, wie schnell Kirchhof vom Angreifer im Team zum Bremser ihrer Wahlkampagne mutierte.

Diese keineswegs emotionslose Kanzlerin weiß, warum sie sonst so nüchtern und nachdenklich regiert. Tut sie es nämlich nicht, läuft sie stets Gefahr, zu schnell in eine Richtung zu laufen.

Ihre Reaktion diesmal heißt kämpfen. Kämpfen für ihre Regierung. Kämpfen also für ein in der Bevölkerung recht angesehenes, in den eigenen Reihen aber wenig geliebtes Bündnis. Nichts anderes sollte ihr Auftritt am Dienstag signalisieren. Ihre zentrale Botschaft: Regieren wird schwieriger dieses Jahr, aber ich glaube an diese Koalition. Und ich werde alles tun, um sie zum Erfolg zu führen.

Wie schwierig das werden könnte, zeigte Merkel an diesem Tag selber. Ihre Schwäche bleibt, dass sie der Koalition kein echtes Ziel geben kann. Sicher, die Kanzlerin hatte auf jede Frage eine Antwort - vom Kosovo über den Mindestlohn und den Dalai Lama bis zur Jugendgewalt in Deutschland. Eine Überschrift, ein Leitmotiv für diese Koalition aber ist sie wieder schuldig geblieben.

Zum Ausgleich bietet sie derzeit etwas, das ihre Partnergegner von der SPD unterschätzen: Sie übernimmt Verantwortung. Sie hält ihren Kopf hin für eine Koalition, in der die SPD immer stärker zur Opposition wird. Merkel trat vor der Bundespressekonferenz zwar ziemlich einsam auf, aber fest entschlossen.

Und das könnte noch zu Merkels größtem Trumpf im Kampf um Stimmen werden. Von Mainz aus die Luxusopposition geben, wie das Kurt Beck, der SPD-Chef, seit Wochen zelebriert, mag bequem sein. Respekt verdient man sich anders.

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