Großbritannien:Zeit, sich zu fetzen

Labour bekommt einen neuen Chef, und England bräuchte dringend eine aggressive Opposition.

Von Cathrin Kahlweit

Das Rennen um die Nachfolge von Jeremy Corbyn in der Labour-Partei ist zu Ende, und wenn es eines vor allem war, dann: fade. Nach dem überwältigenden Wahlsieg von Brexit-Campagnero Johnson hätte man erwarten können, dass eine scharfe Debatte über Schuld und Sühne in der Linken losbricht.

Labour hat es nicht geschafft, die Brexit-Gegner hinter sich zu vereinen. Corbyn war ein unfassbar schlechter Kandidat, obwohl er eigentlich ein hervorragender Debattenredner und ein Kämpfer ist. Die Partei hat es nicht vermocht, den elenden Antisemitismus in den eigenen Reihen entschieden zu bekämpfen. Corbyns Hardcore-Fans von seiner Unterstützer-Truppe Momentum haben sich auf allen Partei-Ebenen festgesetzt und die Strukturen zerrieben. Über all das wurde geredet, ja. Aber immer war die Angst größer, der Partei zu schaden, Corbyn zu schaden - und damit auch sich selbst.

Keir Starmer, erfahrener Abgeordneter aus London, dürfte, wenn die Umfragen stimmen, am Samstag zum Sieger gekürt werden. Er ist ein honoriger Mann, aber "zu nett", wie ihm viele Labour-Anhänger vorwerfen. Es wird nun an ihm sein, Kernfragen zu Ideologie, Personal und innerparteilicher Demokratie neu und grundsätzlich zu stellen. Die Regierung und der Premier haben eine starke, aggressive Opposition verdient.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: