Der konservative britische Premierminister Rishi Sunak und sein Herausforderer Keir Starmer von der Labour-Partei haben sich in ihrer letzten TV-Debatte vor der Wahl am 4. Juli einen erbitterten verbalen Schlagabtausch geliefert. „Wenn Sie den Leuten im Zuschauerraum und im ganzen Land öfter zuhören würden, wären Sie nicht so abgehoben“, schleuderte Starmer dem Regierungschef entgegen, als es im TV-Duell in der BBC am Mittwochabend um geplante Kürzungen von Sozialleistungen ging. Sunak habe „keinen Kontakt“ zu den Wählern.
Sunak schlug zurück mit der Behauptung, sein Herausforderer sei „nicht ehrlich zu den Leuten hinsichtlich seiner Pläne, ihre Steuern zu erhöhen“. Der Labour-Chef versprach wiederum, die stagnierende Wirtschaft und die maroden öffentlichen Dienste in Ordnung zu bringen.
Wettskandal bei den Tories überschattet Wahlkampf
Im Hinblick auf den Skandal um Wetten auf den Wahltermin, der seit Wochen Sunaks Tories erschüttert, warf Starmer seinem Kontrahenten Führungsschwäche und mangelnde Integrität vor. Mehrere konservative Kandidaten und andere Personen im Umkreis Sunaks sollen Geld auf den überraschend bekannt gegebenen Wahltermin gesetzt haben. Gerade erst hatte Schottland-Minister Alister Jack britischen Medien zufolge mitgeteilt, er habe im April 20 Pfund (23,70 Euro) darauf gewettet, dass die Parlamentswahl zwischen Juli und September stattfindet. Sunak hatte am 22. Mai überraschend den 4. Juli als Termin für die Abstimmung genannt.

Großbritannien:Wetten, dass Sunak es schwer haben wird?
Kurz vor der Wahl in Großbritannien erschüttert ein Wettskandal die Glaubwürdigkeit der ohnehin abgeschlagenen Tories. Über Insider, die sich mutmaßlich ihr Wissen versilbern lassen wollten.
Zwei weitere Wetten im März seien nicht erfolgreich gewesen, hieß es in Jacks Mitteilung vom Donnerstagabend weiter. Mit seinen Einsätzen habe er keine Regeln verletzt, behauptete der Minister. Er sei keine Wette im Mai eingegangen, und die zuständige Aufsichtsbehörde Gambling Commission ermittle nicht gegen ihn. Zuvor hatte die BBC berichtet, Jack habe dem Sender gesagt, dass er 2000 Pfund mit Wetten auf den Wahltermin gewonnen habe. Dies sei ein Witz gewesen, sagte der Minister.
Sunak wiederum kritisierte in der TV-Debatte, sein Herausforderer habe keinen Plan für die drängendsten Probleme des Landes wie die hohe Zahl an Bootsmigranten am Ärmelkanal. Starmer hielt dem entgegen, der als Abschreckung gedachte Plan, irregulär eingereiste Menschen pauschal nach Ruanda abzuschieben, sei gescheitert und die Zahlen auf Rekordhöhe.

Wahl in Großbritannien:Die Wut der Armen
Blackpool gehört zu den ärmsten Städten Großbritanniens, viele hier haben für den Brexit gestimmt, wählen seit Jahren die Tories. Aber jetzt könnte da was kippen. Zu Besuch bei Menschen, die die Schnauze voll haben von Johnsons Lügen und Sunaks Wettskandal.
In einer Schnellumfrage wurden die beiden Politiker in der zeitweise hitzigen Debatte in Nottingham gleichauf bewertet. Das kommt Starmer entgegen, der bis zum Wahltag nur unnötige Fehler vermeiden muss. Denn in Umfragen liegen Sunaks Tories weit abgeschlagen hinter Labour. Der Premierminister steuert auf eine historische Niederlage zu. Das liegt nach Einschätzung von Kommentatoren jedoch weniger an Starmers Fähigkeiten, Menschen zu begeistern, als an einer generellen Wechselstimmung im Land nach 14 Jahren konservativer Regierung.
Auch in der Debatte gibt es nur wenig Applaus aus dem Publikum für die beiden Kandidaten. „Sind Sie beide wirklich das Beste, was wir als Premierminister für unser großartiges Land haben?“, fragte ein Zuschauer.