Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Von wegen beste Freunde

Donald Trump soll Boris Johnson beschimpft haben - weil der dem chinesischen Konzern Huawei erlaubt, sich am Ausbau des britischen 5G-Netzes zu beteiligen.

Von Alexander Mühlauer, London

Boris Johnson dürfte schon klar gewesen sein, dass dieses Telefonat nicht angenehm werden würde. Der britische Premierminister war mit Donald Trump in der vergangenen Woche zu einem Gespräch verabredet, nachdem er eine Entscheidung getroffen hatte, die dem US-Präsidenten nicht gefallen konnte. Johnson hat dem chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei erlaubt, sich am Ausbau des britischen 5G-Netzes zu beteiligen. Genau davor hatte ihn Trump monatelang gewarnt. Der Amerikaner fürchtet, dass China Bauteile oder Software für Spionage nutzen könnte. Kein Wunder also, dass Trump sauer war.

Wie groß die Verärgerung im Weißen Haus wirklich war, wurde allerdings erst jetzt bekannt. Die Financial Times berichtete am Freitag, dass Trump beim Telefonat mit Johnson einen Wutanfall bekommen habe. Der Präsident sei cholerisch gewesen und habe den Premier beschimpft. Die britische Zeitung stützte sich dabei auf Aussagen von Beamten in London und Washington, die Kenntnis über das Gespräch haben sollen.

Nach dem Brexit will Johnson mit Trump ein Handelsabkommen schließen

Das Weiße Haus wollte dazu keine Stellungnahme abgeben und verwies auf eine Zusammenfassung des Gesprächs, die im Nachgang veröffentlicht worden war. Darin ist allerdings nur festgehalten, dass Johnson und Trump über "kritische bilaterale Themen, darunter Telekommunikationssicherheit" diskutiert hätten. In London waren Johnsons Berater darum bemüht, die Geschichte so rasch wie möglich wieder einzufangen. Eine nicht näher genannte Quelle aus 10 Downing Street sagte dem Guardian, dass das Telefonat von der Financial Times übertrieben dargestellt worden sei. Man habe "die Charakterisierung des Gesprächs nicht wiedererkennen" können, hieß es.

Für Johnson kommt die Geschichte zur Unzeit. Es vergeht kaum ein Tag, an dem er oder seine Entourage nicht die "großartige Beziehung" mit Washington preisen. Nach dem Brexit will Johnson mit Trump ein Freihandelsabkommen schließen. Doch wie es aussieht, dürften sich diese Pläne verzögern. Dem Vernehmen nach wird eine für diesen Monat geplante Washington-Reise des Premiers wohl erst im März stattfinden. Das soll aber nicht mit Trumps Verstimmung zusammenhängen.

Während also Johnson noch mit seinem Washington-Besuch abwartet, demonstrierte ein anderer Brexiteer seine Nähe zu Trump. Brexit-Party-Chef Nigel Farage twitterte in dieser Woche über sein "großartiges Treffen im Oval Office". Und fügte hinzu: "Schön, die Büste von Winston Churchill zu sehen, unseren beiden Ländern sollten großartige Dinge bevorstehen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4788945
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.02.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.