Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Unerwünscht

Der britische Premierminister Boris Johnson steht im Wahlkampf. Deshalb meidet und versteckt er den zum Nato-Jubiläum anreisenden, erratischen, geschwätzigen und in Großbritannien unpopulären US-Präsidenten Donald Trump wie einen peinlichen Onkel.

Von Cathrin Kahlweit

Donald Trump war noch nie sonderlich populär in Großbritannien. Wann immer er in die Hauptstadt kommt, gibt es Massenproteste; eine Rede im Parlament wurde ihm verwehrt, hochrangige Politiker schwänzten demonstrativ Staatsempfänge mit dem US-Präsidenten. Der wiederum teilt regelmäßig gegen den Londoner Bürgermeister, einen linken Muslim, und gegen Labour aus. Trump ist bekanntlich ein Fan des Brexit, von Brexit-Guru Nigel Farage - und von Premierminister Johnson.

Der aber steht im Wahlkampf. Da kann er die öffentliche Unterstützung des erratischen Amerikaners, der zum Nato-Jubiläum anreist, nicht brauchen - special relationship zwischen Washington hin oder her. Eines der umstrittensten Themen im Königreich ist zudem die mögliche Öffnung des staatlichen Gesundheitswesens für US-Firmen nach einem Freihandelsabkommen mit den USA. Johnson dementiert, auch wenn ihm das niemand glaubt. Der geschwätzige Trump darf jetzt also um Gottes willen nichts ausplaudern.

Daher wird der US-Präsident wie ein peinlicher Onkel gemieden und versteckt. Johnson entzieht sich und leugnet jede Nähe. Dabei wird er Trump dringend brauchen, sobald der EU-Austritt vollzogen ist. Was wahltaktisch nachvollziehbar erscheint, ist daher typisch Boris Johnson: feige.

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Quelle:
SZ vom 02.12.2019
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