Großbritannien:Pakt der Tories

Die britischen Konservativen schließen ein Abkommen mit den umstrittenen Nordiren. Damit können die Tories regieren, aber ein Ex-Premier warnt.

Von Christian Zaschke, London

Die konservative britische Regierung hat am Montag ein Abkommen mit der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) geschlossen, was bedeutet, dass sie bei wichtigen Abstimmungen im Parlament über eine Mehrheit verfügt. Bei den Wahlen vor knapp drei Wochen hatten die Tories ihre absolute Mehrheit eingebüßt, weshalb sie sich nach einem Partner umsehen mussten. Die erzkonservative DUP war die einzige Partei, die mit der Regierung zusammenarbeiten wollte.

In dem Abkommen sichert die DUP zu, dass ihre zehn Abgeordneten in Westminster die Tories unterstützen. Zusammen kommen beide Parteien auf eine Mehrheit von 13 Stimmen, weil die sieben Abgeordneten von Sinn Féin ihre Sitze traditionell nicht einnehmen und der Sprecher des Parlaments sowie seine drei Stellvertreter sich bei Abstimmungen enthalten. Getestet wird das neue Bündnis bereits in dieser Woche, wenn das Parlament über die Regierungserklärung abstimmt, die die Queen in der vergangenen Woche verlesen hatte. Gäbe es dafür keine Mehrheit, käme das einem Misstrauensvotum gleich und die Regierung wäre de facto gescheitert. Das gilt nach dem Abkommen allerdings als äußerst unwahrscheinlich.

Ex-Premier Major fragt, ob die Regierung unparteiisch sein kann, wenn sie von der DUP abhängig ist

Im Gegenzug für ihre Unterstützung erhält die DUP vor allen Dingen Geld. Eine Milliarde Pfund soll in den kommenden beiden Jahren zusätzlich in Nordirland investiert werden. Das Geld soll in erster Linie für Infrastruktur und Verbesserungen im Gesundheits- und im Bildungswesen ausgegeben werden. DUP-Chefin Arlene Foster sagte, das Geld werde benötigt, um sich der Herausforderungen anzunehmen, die sich aus Nordirlands "einzigartiger Geschichte" ergäben. Damit meint sie den Nordirland-Konflikt. In den Jahrzehnte währenden Auseinandersetzungen sind bis zum Karfreitagsabkommen von 1998 rund 3500 Menschen gewaltsam zu Tode gekommen. Seit knapp 20 Jahren herrscht ein brüchiger Friede zwischen unionistischen Protestanten, die wollen, dass Nordirland Teil des Königreichs bleibt, und republikanischen Katholiken, die sich für ein vereinigtes Irland einsetzen.

Diesen Frieden sehen Kritiker des Bündnisses zwischen DUP und Tories gefährdet. Im Karfreitagsabkommen ist geregelt, dass Unionisten und Republikaner die nordirische Regionalregierung stets gemeinsam stellen müssen. Kommt es zu Konflikten, sollen die Regierungen der Republik Irland und des Vereinigten Königreiches als unparteiische Mittler wirken.

Namhafte Politiker wie der ehemalige konservative Premierminister John Major stellen in Frage, ob die britische Regierung noch unparteiisch sein kann, wenn sie von einer der beiden Seiten abhängig ist. Nach Ansicht Majors könnte das den Friedensprozess unterminieren. Derzeit hat Nordirland keine Regionalregierung, weil die unionistische DUP und die republikanische Sinn Féin im Clinch liegen. Sollten die beiden Parteien sich bis zu diesem Donnerstag nicht einigen, könnte Nordirland vorerst direkt aus London regiert werden.

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