Großbritannien:May angeschlagen nach Brexit-Niederlage im Oberhaus

  • Die britische Regierung hat bei einer Brexit-Abstimmung im Oberhaus eine empfindliche Niederlage erlitten.
  • Die Lords votierten für einen Änderungsantrag zum EU-Austrittsgesetz, damit ihr Land nach der Scheidung von der EU vielleicht doch noch in der Zollunion bleiben kann.
  • Der ehemalige Premierminister Cameron beteuert in seinem ersten großen Interview nach der Brexit-Entscheidung, es nicht zu bereuen, das Referendum abgehalten zu haben.

Im Ringen um den britischen Austritt aus der EU hat Premierministerin Theresa May wie erwartet eine Niederlage im Oberhaus des Parlamentes erlitten, die sie innenpolitisch wohl weiter schwächen wird. Das House of Lords wandte sich gegen den Plan der Premierministerin, die Zollunion mit der Europäischen Union zu verlassen. Konkret ging es um einen Zusatz zum Brexit-Gesetz, der mit 348 zu 225 Stimmen angenommen wurde. Darin werden die Minister verpflichtet, über ihre Anstrengungen zum Verbleib in der Zollunion zu berichten. Allerdings ist nicht explizit vorgeschrieben, dass die Regierung einen Verbleib aushandeln soll.

Der Gesetzentwurf geht nun zurück ins Unterhaus. Dort könnte May erneut für eine Annahme werben. Beide Kammern müssen sich letztlich auf einen Wortlaut einigen, damit das Gesetz in Kraft treten kann. May regiert seit einer Wahlschlappe nur mit einer hauchdünnen Mehrheit.

Die Handelspolitik ist einer der wichtigsten Streitpunkte in der Brexit-Debatte. Während die oppositionelle Labour-Partei eine neue Zollunion mit der EU fordert, lehnt Handelsminister Liam Fox dies ab, weil das Königreich dann keine Handelsabkommen mit anderen Staaten schließen könnte. Ein Verbleib in der Zollunion könnte im Streit über Nordirland eine Lösung bringen, weil damit Grenzkontrollen zwischen der britischen Provinz und dem EU-Mitglied Irland vermieden werden könnten.

Das EU-Austrittsgesetz soll die Geltung von EU-Recht in Großbritannien beenden. Gleichzeitig sollen alle EU-Bestimmungen in nationales Recht übertragen werden, damit am Brexit-Tag kein Chaos entsteht. Pro-europäische Parlamentarier wollen den Gesetzentwurf so umschreiben, dass Großbritannien eng an die EU gebunden bleibt. Großbritannien scheidet am 29. März 2019 aus der EU aus. Danach soll eine knapp zweijährige Übergangsfrist bis Ende 2020 folgen.

Für den Brexit maßgeblich mitverantwortlich ist der ehemalige britische Premierminister David Cameron. Um seine Wiederwahl 2015 zu sichern, versprach er den Hardlinern seiner Partei eine Abstimmung über den Verbleib des Königreichs in der Europäischen Union. Cameron sprach sich bei der Abstimmung gegen einen Brexit aus. Weil die Abstimmung anders ausging, trat er kurz nach dem Votum 2016 zurück. In seinem ersten größeren Interview seit dieser Zeit beteuerte der konservative Politiker, es nicht zu bereuen, die Brexit-Abstimmung zugelassen zu haben. Seine Meinung über das Ergebnis des Referendums habe er ebenfalls nicht geändert. "Ich wünschte die Abstimmung wäre anders ausgegangen", sagte er dem US-Sender CNN.

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