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Armut wegen steigender Energiepreise:Fast ein Viertel der Menschen in Großbritannien will Heizung im Winter nicht benutzen

Das Land stehe "am Rande der schlimmsten Lebenshaltungskostenkrise seit einem Jahrhundert", sagt eine Sozialpolitikerin der oppositionellen Liberaldemokraten.

Wegen der enorm steigenden Preise für Strom und Gas will in Großbritannien fast jeder Vierte (23 Prozent) einer Umfrage zufolge im Winter die Heizung nie einschalten. Bei Menschen mit minderjährigen Kindern ist der Anteil mit 27 Prozent sogar noch höher, wie die am Montag veröffentlichte Untersuchung des Marktforschungsinstituts Savanta ComRes im Auftrag der oppositionellen Liberaldemokraten ergab.

Die meisten Menschen - etwa 70 Prozent - wollen ihre Heizung demnach seltener aufdrehen. Elf Prozent erwägen, einen Kredit aufzunehmen. Auch hier ist der Anteil bei Menschen mit jüngeren Kindern größer (17 Prozent). Die Umfrage unter mehr als 2000 Erwachsenen wurde vorgenommen, bevor die Aufsichtsbehörde Ofgem am Freitag den Deckel für Energiepreise im Grundtarif um 80 Prozent erhöht hatte. Experten rechnen deshalb damit, dass die Werte nun noch deutlicher ausfallen dürften.

Die liberaldemokratische Partei warnte, dass Familien gezwungen würden, "herzzerreißende Entscheidungen" zu treffen. Das Land stehe "am Rande der schlimmsten Lebenshaltungskostenkrise seit einem Jahrhundert". "Es ist ein nationaler Skandal, dass Eltern wählen müssen, ob sie ihre Heime heizen oder ihre Kinder ernähren", sagte die Sozialpolitikerin Christine Jardine.

Die Liberaldemokraten fordern ebenso wie die Labour Party, die größte Oppositionspartei, dass die regierenden Konservativen den Preisanstieg einfrieren. Der scheidende Premierminister Boris Johnson hatte am Sonntag angekündigt, dass die neue Regierung, die voraussichtlich am 6. September ins Amt kommt, weitreichende zusätzliche Hilfen für Verbraucher einführen werde. Details nannte er aber nicht. Die bisherigen Regierungsmaßnahmen reichen Experten zufolge bei Weitem nicht aus.

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