Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Ein Orden für die Stylistin von Camerons Ehefrau

  • Der britische Ex-Premier Cameron will 48 Gefolgsleute und Geldgeber mit Orden auszeichnen lassen.
  • Darunter ist auch die Stylistin seiner Frau Samantha.
  • Auf der Liste finden sich die Namen von Spendern großer Geldbeträge an die Tories.

Von Thorsten Denkler

Die Stylistin von Samantha Cameron muss herausragende Fähigkeiten haben. Isabel Spearman hat immerhin den "Sam Cam Look" kreiert, mit der die Frau des ehemaligen britischen Premierministers David Cameron regelmäßig die britische Yellow Press beeindruckte. Allerdings ist Samantha Cameron schon von Natur aus eine höchst ansehnliche Person - was den Wert der Arbeit von Isabel Spearman nicht schmälern soll.

Die Frau hat einen Orden verdient, muss sich David Cameron gedacht haben. Und setzte sie auf eine Liste mit Namen, die allesamt mit verschiedenen Ehrenabzeichen des British Empire bedacht werden sollen. Spearman etwa soll für einen OBE vorgesehen sein, sie soll zu einem "Offizier des Ordens des britischen Empires" ernannt werden. Für ihre Verdienste um den Style der britischen Premiers-Gattin.

Nun gehört diese Liste zu der sehr britischen Tradition, dass scheidende Regierungschefs quasi im Abgang verdienten Mitbürgern besondere Ehre zuteilwerden lassen können. Die Liste wird dann dem neuen Regierungschef vorgelegt, der sie in der Regel ungeprüft der Queen überreicht. Die sie wiederum ohne Prüfung billigt.

Nicht gedacht ist diese Liste dafür, der Stylistin der eigenen Frau zu einem Orden zu verhelfen. Und auch nicht, um auf diesem Wege großzügigen Parteispendern Dankbarkeit zu erweisen. Genau das aber scheint Cameron mit seiner Liste getan zu haben, ausweislich jenes Dokumentes, das jetzt die Sunday Times veröffentlichte. Isabel Spearman ist auf der Liste mit 48 Namen nur das Tüpfelchen auf dem "i", das die ganze Sache vollends absurd erscheinen lässt.

Auf der Liste findet sich etwa der Ölhändler Ian Taylor, der den regierenden Tories in den vergangenen 18 Monaten gut eine Million Pfund überwies. Außerdem unterstützte er die Kampagne gegen die schottische Unabhängigkeit und mit 350 000 Pfund die Pro-EU-Kampagne von David Cameron. Er soll jetzt zum Ritter geschlagen werden.

Den Ritterschlag soll auch Andrew Cook bekommen. Der Geschäftsmann hatte Cameron im Wahlkampf 2010 seinen Privatjet überlassen. Er spendete 250 000 Pfund an Camerons Pro-EU-Kampagne.

Dazu kommen Berater, Mitarbeiter und drei Mitglieder seines Kabinetts, die im Vorfeld des EU-Referendums an seiner Seite standen - aber unter der neuen Premierministerin Theresa May nichts mehr wurden. Der Prominenteste unter ihnen ist Ex-Finanzminister George Osborne, einer der engsten politischen Freunde Camerons.

Das alles hat mehr Geschmäckle, als den titelverliebten Briten recht sein kann. Von Vetternwirtschaft wird gesprochen. Dabei hatte Cameron zu Beginn seiner Amtszeit versprochen, mit genau diesem Politikstil zu brechen. Der britische Guardian hat allerdings herausgefunden, dass er damit nicht einmal angefangen hat. Cameron hat in seiner Amtszeit 13 Großspender zu Peers ernennen lassen. Das sind Lords mit einem Sitz im Oberhaus.

In Großbritannien ist über die Cameron-Buddy-Liste ein heftiger Streit entbrannt. Labour-Chef Jeremy Corbyn scherzte, Cameron scheine "ziemlich viele Kumpels" gefunden zu haben, die er belohnen wolle. Corbyn will das komplexe System der Ehrenauszeichnungen jetzt reformieren. Aktive Politiker sollen gar nicht mehr ausgezeichnet werden. "Ein politisches Amt zu haben, in ein Parlament gewählt zu sein, das ist schon Ehre genug."

Selbst konservative Parlamentarier halten Camerons Liste für überzogen. Die Abgeordnete Tania Mathias etwa sagt: "Wenn mich jetzt Freunde fragen, warum jemand eigentlich einen Orden bekommt, dann werde ich nervös. Normalerweise sollte niemand nach dem Warum fragen müssen. Sondern nur sagen: 'Wow, wie wunderbar, der hat es verdient.'"

Premierministerin Theresa May will sich in die Sache nicht einmischen. Sie wird Camerons Liste ohne jede Anmerkung an die Queen weiterleiten. Ansonsten würde sie einen unangemessenen Präzedenzfall schaffen, ließ sie mitteilen.

Den schaffen gerade andere in einem ganz ähnlichen Fall. Als eine Art letzte Amtshandlung hat Cameron auch eine Liste mit neuen Peers aufgesetzt, also Neu-Mitgliedern für das House of Lords. Die zuständige Parlamentskommission hat die komplette Liste vorerst geblockt, weil ihr ein Name auf der Liste sauer aufgestoßen ist.

May muss entscheiden

Es handelt sich um den Geschäftsmann Michael Spencer. Der frühere Schatzmeister der Tories soll der Partei 70 Millionen Pfund beschafft und vier Millionen Pfund aus seiner eigenen Kasse gespendet haben. Vor allem aber soll Spencer 2013 mit seiner Firma ICap in einen großen Banken-Skandal verwickelt gewesen sein, an dessen Ende das Unternehmen 55 Millionen Pfund Strafe zahlen musste.

In diesem Fall wird May um eine Entscheidung kaum herumkommen. Überstimmt sie die Kommissionen und reicht die Liste ohne Beanstandungen an die Queen weiter? Oder streicht sie Spencer von der Liste und legt sich mit dem einflussreichen Cameron-Lager an? Keine dankbare Aufgabe, die ihr Cameron da eingebrockt hat.

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