Großbritannien: Labour:Die Sache mit den drei F - Politstar Mandelson packt aus

Angst und Abscheu: Peter Mandelson, dritter Mann hinter Blair und Brown, zeichnet in seinen Memoiren ein düsteres Bild von New Labour. In der Abrechnung verrät ein Scherz viel über den Zustand der Partei.

W. Jaschensky

Harriet Harman hat genauso gut wie die mächtigen Männer von Labour gewusst, dass ihre Partei bei den Wahlen im Mai untergehen wird. Immerhin aber präsentierte die Ministerin für Frauen und Gleichberechtigung einen Vorschlag, wie die angeschlagene Regierungstruppe sich einigermaßen respektabel durch den bevorstehenden Wahlkampf retten könnte.

Großbritannien: Labour: Futile - finished - fucked: Peter Mandelson rechnet mit New Labour ab.

Futile - finished - fucked: Peter Mandelson rechnet mit New Labour ab.

(Foto: afp)

Im Kabinett schlug sie vor, die Labour-Kampagne sollte sich um drei F drehen: Future, Family, Fairness (Zukunft, Familie, Gerechtigkeit).

Schatzkanzler Alistair Darling, Wahlkampf-Manager Douglas Alexander und Wirtschaftsminister Peter Mandelson fanden die Idee mit den drei F gut, hatten aber eine andere Vorstellung davon, wofür sie stehen sollen. Sie schlugen vor: futile - finished - fucked.

Nutzlos, erledigt, kaputt. Irgendwie war das wohl ein Scherz. Vor allem aber war es eine ehrliche Selbstbeschreibung. Das Ergebnis der Parlamentswahl gab den drei Propheten schließlich recht.

Zwei Monate nach der verheerenden Niederlage erzählt nun Peter Mandelson, einflussreichster Politiker der New-Labour-Ära nach Tony Blair und Gordon Brown, von dieser Situation. In seinen Memoiren, die die Londoner Times vorab in Auszügen veröffentlicht, gewährt Mandelson einen tiefen Einblick in eine Partei, die nach 13 Jahren an der Macht vor einem Scherbenhaufen steht.

Mandelson stand stets im Schatten der beiden Premiers, doch als Stratege und Einflüsterer, Wahlkampfmanager und Minister, Strippenzieher und Vordenker war er eine Schlüsselfigur für New Labour. Mandelson, der immer wieder ehrfurchtsvoll Prince of Darkness (Fürst der Finsternis) genannt wurde, war der dritte Mann der mächtigen Troika, die die Geschicke Großbritanniens mehr als ein Jahrzehnt lang dominiert hat. "Der dritte Mann" heißen deshalb auch seine Erinnerungen - und die sind wenig schmeichelhaft für die beiden prominenteren Mitglieder des Dreierbundes.

Vor allem über die Stellung Browns am Ende seiner Amtszeit fällt Mandelson ein vernichtendes Urteil. Genüsslich zitiert er Douglas Alexander, einst ein enger Vertrauter Browns, der seinem Mentor die Qualifikation für den Posten des Premiers abspricht. "Alle unsere Probleme sind auf schlechte Führung zurückzuführen", soll Alexander geklagt haben. Schon im Jahr 2009 hat offenbar kaum jemand in der Parteiführung noch ernsthaft an den Premier geglaubt.

Doch auch Tony Blair wird sich über einiges in dem Buch ärgern. So schreibt Mandelson, dass der Altstar von New Labour, der öffentlich immer seine Unterstützung für Brown beteuert hat, erhebliche Zweifel an der Eignung seines Nachfolgers äußerte. Blair habe Mandelson persönlich gewarnt, nicht derjenige zu sein, der Brown stützt.

Mandelsons Memoiren sollen noch in diesem Monat in die Buchläden kommen. Dann werden wohl weitere unangenehme Geschichten aus dem Intrigantenstadl in der Downing Street ans Licht kommen. Die Partei ist wenig begeistert. Mandelson rechtfertigt sich und erklärt, sich mit dem Buch extra beeilt zu haben. Der "Fürst der Finsternis" argumentiert: Das Buch soll noch vor der Wahl des neuen Parteichefs erscheinen, damit dieser unvorbelastet sein Amt antreten kann.

Der eigentliche Grund für Mandelsons Eile dürfte aber einer anderer sein: Die beiden Alpha-Tiere Blair und Brown arbeiten ebenfalls an Büchern. Schon im September droht Labour neues Ungemach: Dann sollen Tony Blairs Memoiren erscheinen.

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