Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Boris Johnson mit Virus infiziert

Der britische Premier übermittelt die Nachricht selbst per Video. Er will nun aus dem Home-Office arbeiten.

Von Cathrin Kahlweit, London

In einem Video auf Twitter kam am Freitag die Nachricht: Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich mit dem Corona-Virus angesteckt. Er habe leichte Symptome entwickelt, heißt es, und habe sich, dem Rat seiner Ärzte folgend, testen lassen. Das Ergebnis: positiv. Kurz danach die nächste Botschaft: Auch Gesundheitsminister Matt Hancock hat sich infiziert.

Johnson will jetzt eine Zeitlang daheim, also vermutlich aus der Wohnung über den Büros der Downing Street, arbeiten. Er werde aber "dank der Zaubermittel, welche die moderne Technik zur Verfügung" stelle, weitermachen im Kampf gegen das Virus. Der Premier überbrachte die Botschaft selbst in seinem üblichen, lockeren Ton: "Hi Folks", hallo Leute. Dann dankte er dem medizinischen Personal, Lehrern, Polizisten und denen, die sich als Freiwillige gemeldet haben, um in einer nationalen Anstrengung das Virus gemeinsam zu bekämpfen.

Nach Thronfolger Prinz Charles haben sich nun also auch Johnson und ein weiterer Minister angesteckt. Das entbehrt, trotz aller Schrecken, die eine solche Nachricht enthält, nicht der Ironie, hatte doch der Premier lange darauf bestanden, dass es zum Selbstschutz wichtig sei, sich oft die Hände zu waschen. Seine jüngste Botschaft trägt das Signet, mit dem alle Regierungs-Accounts nun versehen sind: "Boris Johnson #StayHomeSaveLives": zu Hause bleiben, Leben retten.

Am Freitag gab es im Königreich 11 600 gemeldete Corona-Fälle, 578 Menschen sind bisher gestorben. Johnson, 55 Jahre alt, gehört nicht zur Risikogruppe. Für den vorliegenden Fall, also die Erkrankung des Premierministers, wurde auch in Großbritannien ein "designated survivor" auserkoren, wie man ihn vor allem aus einer gleichnamigen US-Serie kennt: Außenminister Dominic Raab soll die Amtsgeschäfte übernehmen, wenn der Premier dazu nicht mehr in der Lage sein sollte. Es gibt im Königreich offiziell keinen Vizekanzler, jedoch einen First Secretary of State. Diesen Titel trägt Raab. Zuletzt soll es einen Wettlauf zwischen Ministern gegeben haben, wer als designated survivor nominiert wird. Michael Gove, eine Art Kanzleramtsminister, soll sich ebenso für die richtige Person gehalten haben wie Finanzminister Rishi Sunak. Dem jungen Mann wird in den Medien bereits das Talent zum Premier zugeschrieben. Er hatte auf den Pressekonferenzen, auf denen Johnson jeweils die Pläne der Regierung im Kampf gegen das Virus vorstellte, zwei Hilfspakete für die Wirtschaft präsentiert. In den vergangenen zwei Tagen war Johnson bei den Presseterminen nicht aufgetaucht.

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SZ vom 28.03.2020
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