Großbritannien:Britische Regierung verwirrt mit ihrer neuen Visa-Politik

Großbritannien: Wer an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert hat, hat Chancen auf ein Visum für Großbritannien - unter gewissen Umständen.

Wer an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert hat, hat Chancen auf ein Visum für Großbritannien - unter gewissen Umständen.

(Foto: Catherina Hess)

Großbritannien will Akademiker ins Land locken. Wer infrage kommt, muss Absolvent an einer der Unis sein, die man auf der Insel, neben den einheimischen, für die 50 besten der Welt hält. In Deutschland hat es nur eine Uni auf die Liste geschafft.

Von Nicolas Freund

Ein Abschluss von einer sogenannten Elite-Universität gilt ja als Türöffner. Manchmal auch für Türen, von denen man gar nicht weiß, warum sie eigentlich geschlossen sein müssen. In Großbritannien wurde diese Woche ein neues Visa-Programm vorgestellt, das Akademiker ins Vereinigte Königreich locken soll. Das Visum erlaubt den Aufenthalt für zwei bis drei Jahre, unabhängig davon, ob bereits ein Jobangebot vorliegt. Ausgewählt werden sollen die Hochqualifizierten nur anhand ihres Studienabschlusses, der nicht älter als fünf Jahre sein darf. Entscheidend ist aber nicht das Fach - anscheinend ist der Mangel an Ärzten, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern in Großbritannien nicht so gravierend -, sondern die Universität, an der dieser Abschluss erworben wurde.

Wer für das Programm infrage kommt, muss einen Bachelor, Master oder Doktortitel von einer der Universitäten haben, die man in Großbritannien, neben den einheimischen, für die 50 besten der Welt hält. Auf der Liste finden sich vor allem die amerikanischen Top-Unis, die man dort auch vermuten würde: Harvard, Yale, MIT und so weiter. Afrikanische oder lateinamerikanische Unis finden sich dort gar keine, und aus Deutschland hat es nur eine Universität in diese Top 50 geschafft, nämlich die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Bevor sich jetzt LMU-Absolventen über den Elitestatus und den Zugang zu einem UK-Visum freuen, kommt aber der Dämpfer: Ihr Abschluss gilt in Großbritannien nur dann als hochqualifiziert und eines Visums würdig, wenn er zwischen dem 1. November 2021 und dem 31. Oktober 2022 verliehen wurde. Wer den Abschluss davor gemacht hat, muss anscheinend eine völlig andere Ausbildung genossen haben und ist in diesem Programm nicht erwünscht. Besser wäre dann, wenn der Abschluss von der Technischen Universität München (TUM) käme, die steht nämlich für den Zeitraum von November 2020 bis Oktober 2021 auf der Liste. Und für das Jahr davor sind es die Absolventen aus Heidelberg, die sich um ein Visum bewerben können. Der Elitestatus deutscher Unis scheint aus britischer Sicht ein sehr kurzes Haltbarkeitsdatum zu haben.

Diese Willkür, welche deutschen Uniabsolventen der Arbeitsmarkt in Großbritannien nun angeblich brauchen kann und welche nicht, kommt daher, dass diese Top-50-Liste auf verschiedenen Hochschul-Rankings wie dem Times Higher Education Ranking (THE) basiert. Diese Ranglisten der angeblich besten Unis sind aber sehr umstritten und sagen über die Qualität der Ausbildung in der Regel wenig bis gar nichts aus, denn Faktoren wie die Lehre spielen darin nur eine untergeordnete Rolle. Vor allem gewertet werden solche Dinge wie die Veröffentlichung naturwissenschaftlicher Aufsätze in angesehenen Fachmagazinen - eine wissenschaftliche Praxis, die als Qualitätsmerkmal für Forschung ebenfalls sehr umstritten ist und von der die meisten Studenten wenig mitbekommen, geschweige denn profitieren.

Dieses Vorgehen bei dem Visa-Programm wurde nun sogar von den Machern der Hochschul-Rankings kritisiert. "Das hatten wir nicht im Sinn", schreibt der THE-Redakteur Phil Baty auf Linkedin. Es gebe viele hochqualifizierte Individuen und großartige Unis, die einfach nicht in dieses Schema passten. Für diese bleibt die Tür verschlossen.

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