Als die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles am Donnerstag vor die Presse trat, stand fest: Es gibt eine grundsätzliche Einigung von Schwarz-Rot zur Rentenpolitik. Union und SPD ist es immerhin gelungen, das rentenpolitische Spielfeld quasi einzuzäunen. Zum einen soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht über 20 Prozent steigen. Zum anderen aber soll auch das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken. "Vertrauen in die langfristige Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung ist ein hohes Gut in unserem Sozialstaat", heißt es in einem Entwurf der Arbeitsgruppe Rente, welcher der Süddeutschen Zeitung am Donnerstag vorlag. Zugleich aber hatte man schon in den Sondierungsgesprächen beschlossen: Die Summe aller Beitragssätze zu den Sozialversicherungen soll "bei unter 40 Prozent" bleiben. Das ist das Areal, auf dem Union und SPD Verbesserungen für Rentner verwirklichen wollen.
Rentenbeitrag
Derzeit liegt der Beitragssatz zur Rentenversicherung bei 18,6 Prozent des Bruttoeinkommens, hälftig gezahlt von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. In ihrem Rentenversicherungsbericht sagt die Bundesregierung stabile Beitragssätze bis 2022 voraus. Danach aber würden sie nach jetzigem Stand steigen; 2025 auf 20,1 Prozent, 2030 auf 21,6 Prozent und 2031 auf 21,9 Prozent.
Rentenhöhe
Vor diesem Hintergrund wirkt der nun versprochene Höchstbeitragssatz von 20 Prozent bis 2025 zunächst wenig spektakulär, ähnlich wie das Mindestrentenniveau von 48 Prozent. Auch diese Grenze würde nach heutigen Modellrechnungen ohnehin erst 2025 unterschritten - und auch dann nur um 2,6 Prozentpunkte. Erst später würde das Rentenniveau stärker sinken, bis auf 44,6 Prozent 2031. Aus Verhandlungskreisen ist allerdings zu hören, dass die beschlossene Stabilisierung bis 2025 auch ein Signal sein soll: dass es eben nicht rasant bergab gehen soll mit den Rentenbezügen, wenn die Generation der Babyboomer in Rente geht. In dem Rentenpapier ist von einer doppelten Haltelinie die Rede, "die Beiträge und Niveau langfristig absichert".
Finanzierung
Was die zwei Haltelinien kosten, hängt davon ab, wie sehr die wirtschaftliche Entwicklung von den bisherigen Annahmen abweichen wird. Im Rentenversicherungsbericht heißt es nicht zufällig: "Die Vorausberechnungen sind reine Modellrechnungen und nicht als Prognosen zu verstehen." Wenn Löhne und Beschäftigung sich nur ein bisschen schlechter entwickeln, kann es teuer werden. Die Arbeitgeber warnen schon vor zusätzlichen Kosten in Höhe von 15 Milliarden Euro alleine im Jahr 2025, sollte die Konjunktur sich unerwartet abschwächen - worauf bisher nichts hindeutet. Erst in dieser Woche hatten Wirtschaftsexperten die Konjunkturprognosen nach oben angepasst, für Deutschland und für die Euro-Zone. Unterhändler von Union und SPD weisen darauf hin, dass deshalb womöglich mehr Geld im Staatshaushalt verfügbar sein werde als kalkuliert. Aus Verhandlungskreisen verlautete am Donnerstag jedenfalls, die Finanzierung sei gesichert; die Kassen seien voll und darüber hinaus Mehreinnahmen zu erwarten.
Grundrente
Wer 35 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat, soll künftig eine Rente bekommen, die zehn Prozent über der Grundsicherung liegt - auch wenn die eingezahlten Beiträge eine solche Summe nicht rechtfertigen würden. Voraussetzung ist eine Bedürftigkeitsprüfung. Wer also aus anderen Quellen hohe Einkommen erzielt, erhält keine Grundrente. Das eigene Haus oder die eigene Wohnung sollen die Betroffene aber behalten dürfen.
Rentenpflicht für Selbständige
Geplant ist eine "gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für alle Selbständigen". Man wolle "eine Lücke schließen für mehrere Millionen Menschen", sagte Nahles und verwies auf neue Formen der Selbständigkeit durch die Digitalisierung. Selbständige sollen sich entweder über die gesetzliche Rentenversicherung absichern können oder privat - in jedem Fall aber verpflichtend und "insolvenzsicher".
Erwerbsunfähigkeitsrente
Besser absichern will die künftige Regierung auch jene, die aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können. Die "Zurechnungszeiten" in der Erwerbsminderungsrente werden angehoben. Das bedeutet: Wer früher in Rente gehen muss, dem schreibt die Rentenversicherung mehr fiktive Beitragsjahre gut, er bekommt also eine höhere Rente.
Mütterrente
Mütter mit drei oder mehr vor 1992 geborenen Kindern bekommen künftig drei Erziehungsjahre je Kind gutgeschrieben statt zwei. Diese jährlich 3,4 Milliarden Euro teure Ausweitung soll aber nur umgesetzt werden, wenn künftig mehr Geld zur Verfügung steht als prognostiziert.