Griechische Wähler strafen Sparpolitiker ab:Konservative und Sozialisten verlieren Mehrheit

Frustriert von Wirtschaftsmisere und harschem Sparkurs sind die Griechen den Regierungsparteien bei der Parlamentswahl scharenweise davongelaufen. Nea Dimokratia und Pasok verfehlen mit großer Wahrscheinlichkeit eine erneute Mehrheit. Grund zum Jubeln haben vor allem die Kommunisten und die Faschisten. Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden.

Protestwahl in Griechenland: Bei der Parlamentswahl am Sonntag haben die griechischen Wähler die Verfechter eines harten Sparkurses abgestraft. Die beiden Regierungsparteien verfehlten mit großer Wahrscheinlichkeit die Mehrheit. Nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen kommen die konservative Nea Demokratia (ND) und die sozialistische Pasok zusammen lediglich auf 32 Prozent und damit 149 der 300 Parlamentssitze, wie das Innenministerium in Athen mitteilte.

Die beiden Parteien, die über Jahrzehnte die Politik Griechenlands bestimmten, erhielten eine herbe Abfuhr für ihre Sparpolitik, die das Land in eine langwierige Rezession und die Arbeitslosigkeit auf Höchststände getrieben hat. Der harte Konsolidierungskurs, auf den sich die Regierung im Gegenzug für internationale Milliarden-Hilfen einlassen musste, steht damit auf der Kippe.

Zunächst hatte sich eine denkbar knappe Mehrheit für beide Parteien abgezeichnet, in der Nacht zum Montag drehte sich die Situation jedoch. Je mehr Stimmen aus Arbeiterregionen rund um Athen ausgezählt wurden, desto mehr schrumpfte der Vorsprung.

Gewinnen konnten kleine Gruppierungen am rechten und linken Rand, die den harten Sparkus der bisherigen Regierung ablehnen. Griechenland steht nun vor schwierigen Koalitionsgesprächen. Sollten sie scheitern, würde es abermals zu Wahlen kommen.

Die Nea Dimokratia kommt als stärkste Partei auf 19 Prozent. Das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) liegt überraschend auf Platz zwei bei knapp 16,7 Prozent. Es hat damit sein Wahlergebnis von 2009 mehr als verdreifacht. Das Bündnis will keine Schulden mehr begleichen und das Sparpaket mit den ausländischen Geldgebern grundsätzlich neu verhandeln.

Dramatische Verluste verzeichnete der Wahlsieger von 2009, die sozialdemokratische Pasok, als drittstärkste Kraft mit 13,3 Prozent. Damit machten die beiden Traditionsparteien ND und Pasok erstmals nicht das Rennen um den Wahlsieg und die stärkste Oppositionspartei unter sich aus.

Auch Faschisten werden erstmals seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 im neuen Parlament vertreten sein. Die ultra-nationalistische Goldene Morgenröte wird wohl mit rund sieben Prozent der Stimmen in der neuen Volksvertretung sitzen. Sie forderte etwa die Ausweisung aller Einwanderer.

Der Vorsitzende der stärksten Partei Nea Dimokratia, Antonis Samaras, kündigte am Sonntagabend an, gemeinsam mit der Pasok sowie nach Möglichkeit auch weiteren Parteien eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Bedingung sei der Verbleib in der Eurozone und die Fortsetzung des Sparkurses, allerdings mit einem flankierenden Wachstumsprogramm. Auch Pasok-Chef Evangelos Venizelos erklärte, er sei bereit, an einer Regierung der nationalen Rettung teilzunehmen.

Als Partner kämen die Unabhängigen Griechen in Frage, eine eher antieuropäische rechtsorientierte Partei, die knapp elf Prozent erhielt. Auch die kleine gemäßigte Demokratische Linke, die etwa sechs Prozent der Stimmen erhielt, könnte dienen. Ihre Führung erklärte aber, sie stehe vorerst nicht zur Verfügung.

In Athen wurde erwartet, dass Staatspräsident Karolos Papoulias Samaras noch am Montag mit der Regierungsbildung beauftragt. Die Sondierungen könnten mehrere Tage dauern. Den Griechen läuft allerdings die Zeit davon. Bis Ende Mai wollen die internationalen Geldgeber in Athen eine handlungsfähige Regierung vorfinden.

Sollte eine neue Regierung in Athen die von ihren Vorgängern gemachten Sparzusagen nicht mehr einhalten, droht die Hilfe aus dem Ausland zu versiegen. Die Folge könnte eine Staatspleite sein. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor zwei Jahren haben Millionen von Griechen erhebliche Einnahme-Einbußen hinnehmen müssen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: