Griechenland:Zu viel eitles Geschwätz

Lesezeit: 2 Min.

Varoufakis ist kein erfahrener Politiker. In Sachen Eitelkeit steht er niemandem nach. (Foto: dpa)

Poltern und Pöbeln gegenüber Brüssel, Homestory im Penthouse: Varoufakis und seine Kabinettskollegen machen gerne PR in eigener Sache und reden so daher, als wolle die EU Geld von ihnen und nicht umgekehrt. Das könnte üble Folgen haben.

Kommentar von Kurt Kister

Selbst erfahrene Politiker und Spitzenmanager scheitern nicht selten daran, das rechte Maß zwischen Eitelkeit und Zurückhaltung zu finden. Die Zahl der Beispiele schädlicher Selbstdarstellung ist groß. Sie reichen von der protzigen Uhr am Handgelenk des Siemens-Chefs über Gerhard Schröders Cohibas bis hin zu Steinbrücks Stinkefinger und Guttenbergs Kaschmir-Auftritten.

Gerade in einer Zeit, in der über das Netz Bilder innerhalb von Minuten hunderttausend Mal "geteilt" und zweihunderttausend Mal kommentiert werden, kann aus einer, vielleicht sogar selbstironisch gemeinten Geste unversehens ein Riesenproblem für das Image, ja für die Zukunft des Betroffenen werden.

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Zu Varoufakis' Redefluss gesellt sich der Scharping-Effekt

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis ist kein erfahrener Politiker, dafür aber offenbar so an sich selbst orientiert, als wäre er einer. Das lässt sich schon an der Menge seiner manchmal widersprüchlichen Interviews sowie der von ihm bevorzugten verbalen Scheinriesen-Härte erkennen. Wenn einer dauernd davon redet, was er wie gegen wen durchsetzen will, dann nährt er den Verdacht, dass seine Stärke weniger die Tat als vielmehr das Wort ist. Je häufiger das Wort sich wiederholt, desto mehr nähert es sich dem Geschwätz an. Nicht von ungefähr gibt es im Deutschen den schönen Begriff vom eitlen Geschwätz.

Zu des Ministers Redefluss gesellt sich nun auch noch der Scharping-Effekt. Man erinnert sich daran, dass der einstmalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping im Überschwang amouröser Gefühle eine Illustrierte zur Swimmingpool-Homestory lud.

Bei Varoufakis war es jetzt zwar nicht der Pool, sondern das Penthouse, und vermutlich auch weniger die Liebe zu jemand anderem als vielmehr die Freude an der eigenen Prominenz. Paris Match ließ fotografieren und das Teilzeit-Model Varoufakis klagte, dass ihm das System der Stars unangenehm sei. Eindeutig Geschwätz.

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Konstruierte Homestory durch Poltern und Pöbeln gegenüber Brüssel

Man müsste sich über diese Dinge nicht weiter echauffieren, hätte ihr Muster nicht möglicherweise üble Folgen. Es ist sehr unklug, dass etliche Angehörige des Kabinetts Tsipras eine Art politischer Homestory für ihre Wähler durch Poltern und gelegentliches Pöbeln gegenüber Brüssel und den europäischen Hauptstädten konstruieren wollen. Dabei geht es nicht einmal um rechtslastige Extremisten wie den Verteidigungsminister Kammenos, dessen Partei eine Schande für jede Koalitionsregierung linker oder konservativer Demokraten sein sollte. Nein, es sind der Ministerpräsident oder sein Finanzminister selbst, die zu oft so daherreden, als wolle die EU Geld von Griechenland und nicht umgekehrt.

Eitelkeit gepaart mit durchaus auch linkem Nationalismus sowie einer Denen-zeigen-wir-es-jetzt-Mentalität sind schlechte Voraussetzungen für ein gedeihliches Miteinander. Dies ist besonders wichtig, weil die Mehrheiten in Deutschland und in der EU keineswegs den Ressentiments des Boulevards erliegen. Griechenland gehört zu Europa und es kann schaffen, was Irland oder Portugal geschafft haben.

© SZ vom 16.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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