Griechenland-Türkei:Provokation mit dem Bohrschiff

Turkey's Drilling Vessel Sails to the Black Sea

Ein türkisches Bohrschiff im Mittelmeer. Griechenland bereitet einen Plan vor, für den Fall, dass solche Schiffe in seinen Gewässern auftauchen.

(Foto: Chris McGrath/Getty)

Die Länder streiten mit immer heftigeren Worten um Hoheitsrechte im östlichen Mittelmeer. Andere Nato-Staaten sind besorgt.

Von Tobias Zick

Im Konflikt um Hoheitsrechte im östlichen Mittelmeer wird der Ton zwischen Athen und Ankara schärfer. Eine Präsenz türkischer Bohrschiffe in griechischen Gewässern würde eine "Verletzung unserer nationalen Souveränität" darstellen, sagte der griechische Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos am Montagabend in einem Fernsehinterview. "Das werden wir nicht zulassen."

Panagiotopoulos bezog sich mit seiner Warnung auf Aussagen des türkischen Außenministers Mehmet Çavușoğlu, die dieser in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gemacht hatte. "Niemand wird es wagen, unsere Bohrschiffe aufzuhalten", hatte Çavușoğlu in der SZ vom Montag gesagt und in Richtung der griechischen Regierung gedroht: "Wenn sie die Eskalation wollen, werden sie die Antwort bekommen." Zugleich warf er Athen vor, sich einem Dialog über Grenzen und Hoheitsrechte zu verweigern: "Das Bemühen Athens, uns auszugrenzen, ist vergeblich."

Panagiotopoulos wies den Vorwurf der Gesprächsverweigerung scharf zurück. Ein Dialog sei unmöglich, wenn die Souveränität seines Landes in Frage gestellt werde, sagte er. Als Bedingung für bilaterale Gespräche müsste die Türkei einen "Geist guter Nachbarschaft und Respekt für internationales Recht zeigen."

Auf der Suche nach neuen Quellen für ihren wachsenden Energiebedarf erhebt die Türkei Ansprüche auf die enormen Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer, das die Regierung als "blaues Vaterland" bezeichnet. Im Herbst hatte Ankara ein Abkommen mit der Regierung des nordafrikanischen Bürgerkriegslandes Libyen geschlossen, wo die Türkei auch militärisch massiv eingreift: Der Vertrag beschreibt eine Seegrenze zwischen Libyen und der Türkei, die quer durchs östliche Mittelmeer verläuft - unter sehr großzügiger Missachtung der zahlreichen griechischen Inseln, die dort liegen. Athen hatte das Abkommen denn auch umgehend für "null und nichtig" erklärt.

Der Konflikt zwischen den beiden Nato-Staaten Türkei und Griechenland besorgt zunehmend auch die anderen Staaten in der Allianz. Vergangene Woche rief ein Vertreter des französischen Verteidigungsministeriums die Nato auf, in Anbetracht des türkischen Verhaltens in Libyen und im Mittelmeer endlich anzuerkennen, dass man ein gemeinsames "Türkei-Problem" habe - und sich angesichts dessen nicht länger "wie ein Vogel Strauß" zu verhalten. Zur selben Zeit war Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis zu Besuch in Israel, wo er mit seinem Kollegen Benjamin Netanjahu über die "destabilisierende Rolle" der Türkei in der Region sprach - man werde "auf dem Feld der Verteidigungszusammenarbeit" enger zusammenrücken, sagte Mitsotakis nach dem Treffen. Die Energieminister der beiden Länder unterzeichneten unterdessen ein Abkommen über den Ausbau der gemeinsamen Energieversorgung. Im Januar hatten Griechenland und Israel bereits eine Vereinbarung über den Bau einer Pipeline mit dem Namen "Eastmed" unterzeichnet. Diese soll von 2025 an Gas aus Gebieten vor der israelischen und zypriotischen Küste über Griechenland nach Italien befördern; einen wesentlichen Teil der Kosten dafür wird voraussichtlich die Europäische Union übernehmen. Von dem Projekt fühlt sich wiederum Ankara provoziert und sieht darin eine Verletzung seiner Hoheitsgebiete, die es in dem Abkommen mit Libyen definiert hat.

Mit Italien hat Griechenland diesen Monat ein Seerechtsabkommen unterzeichnet, das die Nutzung von Meeresabschnitten und die Hoheitsrechte in Gebieten zwischen den beiden Ländern regelt. Nicht zuletzt will Athen damit demonstrieren, dass es in der Frage von Ansprüchen auf das östliche Mittelmeer auf Diplomatie und internationales Recht setzt.

Während Griechenland sich derzeit also der politischen und rechtlichen Unterstützung seiner Partner versichert, bereitet es sich offenbar auch auf eine mögliche direkte Konfrontation vor. Einem Bericht der Zeitung Kathimerini zufolge hat die Regierung einen Plan verfasst, der im September in Kraft treten könnte, wenn die Türkei mit ihren angekündigten Bohrungen in griechischem Gebiet beginnt. Der Plan geht demnach von vier möglichen Szenarien aus, je nachdem, wie sich Ankara verhält. Die vorgesehenen Antworten reichen vom Entsenden von Fregatten über das Durchschneiden von Kabeln bis hin zum Abfeuern von Warnschüssen.

Unabhängig davon, welche Eskalationsstufe eintritt, gilt dem Plan zufolge jedoch auch: Die "Kommunikationskanäle" mit Ankara sollen jederzeit offen gehalten werden.

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