Süddeutsche Zeitung

Griechenland:Trauer um einen Nationalhelden

Als 18-Jähriger riss er die Hakenkreuzflagge nieder, die die Nazis auf der Akropolis gehisst hatten. Jetzt ist der unermüdliche Widerstandskämpfer Manolis Glezos 97-jährig gestorben.

Von Tobias Zick

Im Weltgedächtnis verewigt hat sich Manolis Glezos, als er in der Nacht zum 31. Mai 1941 mit seinem Schulfreund Apostolos Santas auf die Akropolis stieg und die Hakenkreuzflagge herunterriss, die die Nazi-Besatzer Griechenlands dort gehisst hatten. Er sträubte sich bis zuletzt dagegen, auf diese Großtat reduziert zu werden, die als moralischer Zündfunke der griechischen Widerstandsbewegung gilt. Manolis Glezos, 97, ist an diesem Montag in einer Athener Klinik an Herzversagen gestorben. Quer durchs Parteienspektrum würdigten Politiker sein Lebenswerk. Der konservative Premier Kyriakos Mitsotakis nannte Glezos einen "aufrichtigen Patrioten" und ein "Symbol für die Freiheit unserer Nation". Glezos' früherer Mitstreiter Alexis Tsipras sagte: "Die Linke, wir alle, fühlen uns heute als Waisen."

Zum Tode verurteilt, bekämpfte er die Nazis aus dem Untergrund

Die Nazis, die ihn in Abwesenheit zum Tode verurteilt hatten, bekämpfte er weiter aus dem Untergrund, und auch nach dem Ende der Besatzung blieb er Widerstandskämpfer. Im Oktober 1948 verurteilte ihn ein Militärtribunal wegen seiner Gesinnung, die er als Chefredakteur der kommunistischen Zeitung Rizospastis auslebte, zum Tode. Nach internationalen Interventionen, etwa von Papst Pius XII. und dem französischen General Charles de Gaulle, wurde die Todesstrafe abgewendet. Verhaftet wurde er noch mehrmals, insgesamt saß er 16 Jahre im Gefängnis.

Sein Widerstandsgeist wurde davon offenkundig nur gestärkt. Als Parlamentarier für das Linksbündnis Syriza, später auch als Europaabgeordneter, kämpfte er gegen die Spar-Auflagen der Troika, die, wie er sagte, sein Land zum "Versuchskaninchen einer Politik von Regierungen machen, deren einziger Gott das Geld ist".

Ähnlich unnachgiebig stritt Manolis Glezos dafür, dass Deutschland Reparationen für die Verbrechen der Nazis in Griechenland leisten müsse. Dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck sagte er 2014, er werde in dieser Frage nicht mehr lockerlassen, "dafür ist es jetzt zu spät für mich."

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SZ vom 01.04.2020
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