Griechenland:Regierung in Athen steht

Tsipras

Die Gegner seiner Politik hatte der Premier schon im Juli bei einer Kabinettsumbildung aus der Regierung entfernt. Nun setzt Tsipras auf bewährte Kräfte.

(Foto: REUTERS)

Griechenlands Ministerpräsident Tsipras setzt auf konstruktive Kräfte. Für das Sparprogramm ist Giorgos Chouliarakis zuständig, ein Anti-Varoufakis.

Von Mike Szymanski, Athen

Griechenlands Premier Alexis Tsipras setzt mit seiner neuen Regierung ein Zeichen, die Reformpolitik fortsetzen zu wollen. Euklid Tsakalotos wird erneut oberster Kassenhüter sein, wie eine Sprecherin der Regierung am späten Dienstagabend im Staatsfernehen ERT1 mitteilte. Tsakalotos hatte im Sommer das neue griechische Hilfsprogramm in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro mit den Gläubigern ausgehandelt.

Zudem wird die neue Regierung einen stellvertretenden Finanzminister haben, dessen Aufgabe sein wird, die Umsetzung aller Auflagen zu überprüfen. Diese Aufgabe übernimmt Giorgos Chouliarakis, einer der erfahrensten Unterhändler der Griechen in den Verhandlungen mit den Gläubigern. In der Übergangsregierung bis zur Wahl war er Finanzminister des Landes gewesen, nun werde er direkt an den Premier berichten, hieß es in Tsipras' Umfeld.

Der Ökonom ist kein Mitglied von Tsipras' Linksbündnis Syriza. Wichtiger für die Kreditgeber in Brüssel ist diese Eigenschaft: Chouliarakis gilt als überzeugter Euro-Befürworter. Er hatte als Unterhändler im griechischen Team das dritte Hilfspaket auf Arbeitsebene mitkonzipiert. Sein Aufstieg begann im Frühjahr mit der schrittweisen Entmachtung des umstrittenen Finanzministers Yanis Varoufakis, der immer mehr zur Belastung für eine Einigung mit den Geldgebern geworden war. Nach dessen Rücktritt im Juli machte Tsipras Euklid Tsakalotos zum Finanzminister, Chouliarakis arbeitete im Hintergrund. Beide gewannen schnell das Vertrauen der Geldgeber.

Insgesamt dürfte die neue Regierung den Griechen sehr bekannt vorkommen

Die Idee, jemanden in der Regierung allein für die Umsetzung des Sparprogramms abzustellen, soll von Tsakalotos stammen. Gemessen an Varoufakis war Tsakalotos eher medienscheu. Über Chouliarakis heißt es, er sei praktisch unsichtbar. Er meidet die Presse wenn möglich. Als Tsakalotos für Chouliarakis als Übergangsfinanzminister Platz machte, scherzte er vor Journalisten: "Ihr seht Chouliarakis nicht sehr oft. Manchmal werde ich gefragt, ob er existiert. Ja, es gibt ihn wirklich." Kontinuität gibt es nun auch im Außenministerium: Ressortchef wird hier Nikos Kotzias. Er war auch in der vorigen Regierung Außenminister. Der Chef des rechtspopulistischen Junior-Koalitionspartners der Unabhängigen Griechen (Anel), Panos Kammenos, leitet erwartungsgemäß erneut das Verteidigungsministerium.

Die Gegner seiner Politik hatte Tsipras bereits im Juli bei einer Kabinettsumbildung aus der Regierung entfernt. Damals mussten die Anhänger des radikal-linken Flügels gehen, die das dritte Sparprogramm nicht mittragen wollten. Unter ihnen war auch Ex-Energieminister Panagiotis Lafazanis, der schließlich mit der Syriza-Abspaltung Volkseinheit im Wahlkampf für eine Rückkehr zur Drachme warb. Die Gruppierung scheiterte aber an der Drei-Prozent-Hürde. Seine stärksten Widersacher ist Tsipras also los.

Veränderungen dürften bei der größten Oppositionspartei, der konservativen Nea Dimokratia (ND), anstehen. Nach der Niederlage vom Sonntag will die Partei im Oktober, spätestens Anfang November einen neuen Chef wählen. Übergangschef Evangelos Meimarakis, der die ND als Spitzenkandidat in die Wahl geführt hatte, ließ offen, ob er kandidiert.

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