Griechenland:Milliarden-Sparprogramm soll Troika besänftigen

Es ist ein drastischer Schnitt. Um den maroden Staatshaushalt zu sanieren, will die Regierungskoalition in Griechenland offenbar 11,5 Milliarden Euro einsparen - in nur zwei Jahren. So soll das Vertrauen der Geldgeber zurückgewonnen werden. Doch ob das klappt?

11,5 Milliarden Euro. Diese Zahl dürfte für viele Griechen eine Horrornachricht sein. Es ist der Betrag, den das Land bis 2014 griechischen Medienberichten zufolge einsparen soll. Schon die Reduzierung des Budgets um 3,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr hatte Chaos verursacht.

Pensioners protest against government reforms

Protestierende Rentner in Athen (Archivbild): Die Pensionen griechischer Staatsbeamter sollen gedeckelt werden - eine von vielen Maßnahmen, mit denen die Regierung Geld einsparen will.

(Foto: dpa)

In der Hauptgeschäftsstraße in Athen ist mittlerweile jedes dritte Geschäft geschlossen, Unternehmen machen reihenweise pleite, oft gibt es keine Schulbücher mehr und in den Apotheken sind manche Medikamente nicht mehr zu haben.

Nach den Wahlen im Juni hatten viele Griechen gehofft, dass es anders kommen würde. Dass Brüssel ein Einsehen habe und das Sparpaket nochmals aufschnüren und nachverhandeln würde. Und nun heißt es: Bitte fast zwölf Milliarden Euro einsparen!

Diese Zahlen beschäftigen viele Menschen weit mehr als der überraschende Besuch von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso - selbst wenn auf den Straßen Athens bereits Spekulationen die Runde machen, dass es bei dem Treffen um einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion geht.

Erneut harte Einschnitte

Offiziell heißt es in Brüssel allerdings, Barroso solle als erster Spitzenvertreter der Troika-Institutionen EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF die Wogen glätten und "ein Zeichen der Ermutigung" geben. Tatsächlich hat der Portugiese auf die Entscheidungen der Geberländer kaum Einfluss. Über die Zukunft Athens wird nicht in Brüssel, sondern in Berlin und Paris entschieden.

Wichtiger für die Zukunft des Landes ist der Besuch der Troika-Vertreter, denen Finanzminister Ioannis Stournaras das Pogramm vorstellen will, mit dem Griechenland 11,5 Milliarden Euro einsparen und drei Milliarden Euro mehr als geplant einnehmen möchte. Damit will Griechenland den Zusagen nachkommen, die man vor der Vergabe der wichtigen Kredite durch die Troika gegeben hatte.

Griechischen Medienberichten zufolge sehen diese neben der Abschaffung einiger Regierungsbehörden auch erneut Kürzungen für die Bürger vor.

[] Die Athener Tageszeitung Ta Nea berichtet, dass die Pensionen griechischer Staatsbeamter bei 2200 Euro gedeckelt werden sollen, zudem sollen Mitarbeiter durch Frühverrentungsprogramme vom Ausscheiden aus dem Staatsdienst überzeugt werden. Weitere direkte Entlassungen hatten die Koalitionsparteien im Wahlkampf ausgeschlossen.

[] Bereits vor einigen Tagen wurde bekannt, dass die Regierung 213 Behörden, Institutionen und staatlich subventionierte Organisationen abschaffen wird. Auf der Schließungsliste stehen unter anderem das "Institut für die Ökonomie der Konstruktionen", die "Behörde für Technologieforschung der mittelgriechischen Region Thessalien", die "Organisation der Zentralmärkte und Fischerei" sowie 65 verschiedene Jugendschutzbehörden, die nun fusionieren sollen.

Krankenhäuser vor dem Kollaps

[] Nach Informationen der griechischen Tageszeitung Kathimerini sollen auch die staatlichen Zuschüsse für das Gesundheitswesen um 300 Millionen Euro gekürzt werden. Das griechische Gesundheitssystem gilt als ineffizient und ist seit der Krise auch chronisch unterfinanziert, viele staatliche Krankenhäuser stehen vor dem Kollaps.

[] Bei den Verhandlungen mit der Troika will die griechische Regierung auch weitere Privatisierungen versprechen. Am Mittwoch würde Takis Athanasopoulos, ehemaliger Chef des größten griechischen Energieversorgers, zum Chef des Privatisierungsfonds ernannt. Sein Vorgänger Kostas Mitropoulos war zurückgetreten und hatte in einem offenen Brief begründet, politische Einflussnahme und Verzögerungen machten es ihm unmöglich, "professionell zu arbeiten". Er hält die angestrebten Privatisierungserlöse von drei Milliarden Dollar im Jahr 2012 für unrealistisch. Im Zusammenhang mit dem Privatisierungsprogramm ist immer wieder von Luftbuchungen die Rede, reale Erlöse sind bei den derzeitigen Marktpreisen nur schwer zu erzielen. Im ersten Quartal verdiente Griechenland keinen einzigen Euro mit Privatisierungen.

Informationen darüber, welche weitere Maßnahmen zur Einsparung der 11,5 Milliarden Euro beitragen sollen, werden im Laufe des Nachmittags erwartet. Ob die Troika diesen Absichtserklärungen glaubt und Athen damit im für Ende August erwarteten Zwischenbericht ein positives Zeugnis ausstellt, ist unsicher.

Zweifel an der Sparlogik

Ein positives Prüfergebnis ist Voraussetzung dafür, dass die nächste Tranche aus dem zweiten Hilfspaket ausgezahlt wird. Bereits in der Vergangenheit hatte die griechische Regierung Sparprogramme angekündigt, diese dann aber letztlich auf öffentlichen Druck hin nur teilweise umgesetzt.

Zudem wachsen bereits seit Monaten die Zweifel, ob die Sparlogik der Troika den Griechen wirklich hilft und nicht stärkere Wachstumsmaßanhmen angebracht wären. Ungenannte Experten sehen laut New York Times den IWF durchaus bereit zu Zugeständnissen; angeblich verhindere aber die harte Haltung Deutschlands Erleichterungen.

Finanzminister Panagiotis Roumeliotis, der bis Januar diesen Jahres Griechenland in den Verhandlungen mit dem IWF vertrat, erhebt inzwischen schwere Vorwürfe gegen den IWF. Die New York Times zitiert ihn mit folgenden Worten: "Der Währungsfonds wusste von Anfang an, dass dieses Programm nicht umsetzbar ist, weil es kein einziges Beispiel gab, bei der diese Politik funktioniert hätte. Kein einziges."

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