Abstimmung im Bundestag:SPD fordert mehr Zeit für Griechenland-Votum

SPD und Grüne klagen, dass vor der geplanten Abstimmung im Bundestag noch wichtige Informationen zum Griechenland-Rettungspaket fehlen. "Wir sind kein Abnickparlament", warnt SPD-Fraktionschef Steinmeier. Er schließt ein Nein der SPD-Abgeordneten nicht aus, sollten Union und FDP das Paket im Eilverfahren durchsetzen wollen.

Die SPD-Bundestagsfraktion will zunächst nicht über die neuen Griechenland-Hilfen abstimmen, sondern pocht auf weitere Informationen. Bisher seien weder die übersetzten Texte noch die zugrunde liegenden Berechnungen über die Entwicklung der griechischen Staatsschuld oder die Wirkungen des Beschlusses für den Bundeshaushalt beim Bundestag eingegangen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier beklagte fehlenden Respekt gegenüber dem Parlament: Es sei unzumutbar, dass über die Presse Termine mitgeteilt würden, wann der Bundestag entscheiden werde. "Wir sind kein Abnickparlament", sagte er.

In einer Fraktionssitzung wurde geballter Unmut über die Pläne der schwarz-gelben Koalition laut. Die Abgeordneten ließen nach längeren Beratungen offen, wie sie sich in einer Abstimmung verhalten würden. Wie aus Teilnehmerkreisen verlautete, schloss Steinmeier auch ein Nein der SPD-Abgeordneten nicht aus, falls Union und FDP das Paket im Eilverfahren durchsetzen wollten.

Zuvor hatte Steinmeier noch die Zustimmung der SPD-Bundestagsfraktion angedeutet. "Ich werde meiner Fraktion kein Verhalten empfehlen, das dazu führen wird, dass Griechenland kurzfristig nicht mehr zahlungsfähig ist und gegebenenfalls die Eurozone verlassen muss", sagte er im ZDF-Morgenmagazin.

Die internationalen Geldgeber hatten sich in der Nacht auf die Auszahlung neuer Milliardenkredite an Griechenland verständigt. Der Bundestag soll voraussichtlich schon an diesem Donnerstag über die weiteren Hilfen abstimmen.

Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast signalisierte vorsichtig Bereitschaft zu einem Ja. Zunächst müssten aber die Details vorliegen. Künast rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, endlich die Wahrheit in dem Fall zu sagen. "Die heißt nämlich: Dieses dritte Griechenlandpaket kostet. Und es wird auch in Zukunft Geld kosten, Griechenland und damit den Euroraum zu retten."

Die Linke lehnt die Beschlüsse der Eurogruppe zur Rettung Griechenlands kategorisch ab. "Das Durchwursteln hört nicht auf", sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi. Er kritisierte, es sei keine klare Linie zu erkennen - "die falsche Politik wird fortgesetzt". Dem könne seine Fraktion nicht zustimmen. Parteichef Bernd Riexinger schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter: "Auch das neue Griechenlandpaket pumpt Steuergeld in Banken. Wir haben diesen Wahnsinn immer abgelehnt und werden auch diesmal Nein sagen."

Westerwelle lobt Verhandlungsergebnis

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verteidigte die neu freigegebenen Milliardenhilfen für Griechenland. In Brüssel sei ein "gutes Verhandlungsergebnis" erreicht worden, sagte Westerwelle und sprach von einem "balancierten Ergebnis" aus Reformdruck und Solidarität. Das Ergebnis zeige, dass Europa zur notwendigen Solidarität mit einem seiner 27 Mitgliedsländer bereit sei. Zugleich warnte Westerwelle eindringlich vor einem Scheitern der Währungsunion.

Die Regierung in Athen reagierte mit gemischten Gefühlen auf die Beschlüsse von Dienstagnacht. "Alles ist gut gelaufen. Morgen beginnt ein neuer Tag für alle Griechen", sagte der griechische Premier Antonis Samaras. Finanzminister Jannis Stournaras hielt den Ball demonstrativ flach. "Das ist kein Grund zum Feiern. Die Beschlüsse stellen aber eine große Chance dar, die sich das griechische Volk mit seinen Opfern verdient hat." Parteiführer Fotis Kouvelis von den in Athen mitregierenden Demokratischen Linken (Dimar) erklärte: "Die Beschlüsse sind ein entscheidender Schritt für den Verbleib von Griechenland im Euro."

Ganz anders fiel das Urteil der Athener Opposition aus. Insbesondere die in ihren Augen passive Haltung von Regierungschef Samaras im Verhandlungsmarathon stieß auf heftige Kritik. "Die Verhandlungen haben zwischen Frau Merkel und Frau Lagarde stattgefunden", sagte Oppositionschef Alexis Tsipras vom Bündnis der Radikalen Linken (Syriza). Auch Jannis Manolis von den oppositionellen Unabhängigen Griechen kritisierte das neuerliche Rettungspaket. "Sie haben uns auf den Weg zur Hölle geführt", erklärte er.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: