Der Griechenland-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nach Angaben der Bundesregierung nicht als Zeichen für weitere Hilfszahlungen an das pleitebedrohte Land zu sehen. Die Freigabe der nächsten Hilfstranche hänge vom Bericht der internationalen Troika ab, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
"Die Bundeskanzlerin greift mit ihrem Besuch auch in keiner Weise dem vor, was die Troika da an Abschlussarbeit liefern wird", sagte Seibert. Die Reise Merkels sei ein Zeichen der Unterstützung für den Konsolidierungskurs. Griechenland habe bereits sehr harte Reformmaßnahmen umgesetzt und einige Erfolge vorzuweisen.
Die Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission beurteilt derzeit die Reformanstrengungen und Schuldentragfähigkeit Griechenlands. Ihr Bericht wird spätestens im November erwartet. "All das, was zu entscheiden ist, wird zu entscheiden sein, wenn das Fundament der Daten vorliegt, das der Troika-Bericht liefern wird", sagte Seibert. Es gebe auch keine Pläne, Griechenland mehr Zeit zur Umsetzung seiner Reformen einzuräumen.
Merkel wird in Athen mit Staatspräsident Karolos Papoulias, mit Ministerpräsident Antonis Samaras und Vertretern deutscher und griechischer Unternehmen zusammenkommen. Ein Treffen mit Gewerkschaftsvertretern sei nicht geplant, sagte Seibert. Die Gewerkschaften haben zu Protesten gegen den Besuch der Bundeskanzlerin aufgerufen. Ein Sprecher der stärksten Oppositionspartei Bündnis der radikalen Linken (Syriza) sagte, werde man "alles mobilisieren, was man auf die Straße bringen kann".
Unionsfraktionschef Volker Kauder betonte, dass es keine Zugeständnisse beim Reformkurs des verschuldeten Euro-Partners geben wird. "Der Besuch dient nicht dazu, den Griechen Geschenke mitzubringen", sagte Kauder. Merkel werde an diesem Dienstag darüber sprechen, wie Athen seine Zusagen für die internationalen Hilfen einhalten könne. "Die Griechen tun am besten etwas für sich, wenn sie das, was vereinbart worden ist, auch einhalten." Sonst würde es für das Land sehr schwierig. Der CDU- Politiker betonte: "Ich möchte, dass Griechenland vorankommt."
Reise "längst überfällig"
Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble forderte Griechenland auf, sich an seine Zusagen zu halten. "Wir wollen Griechenland helfen, eine leistungsfähige Verwaltung aufzubauen, eine leistungsfähige Wirtschaft aufzubauen, aber irgendwann muss Griechenland auf eigene Beine kommen", sagte der CDU-Politiker dem RBB-Inforadio.
Angela Merkel reiste das letzte Mal 2007 nach Griechenland. Jetzt muss sie sich von Seiten der Opposition den Vorwurf gefallen lassen, ihr jetziger Besuch komme zu spät. "Die Krise ist seit 2009, und nur von Berlin vom Schreibtisch aus Ratschläge zu geben, macht sich schlecht", sagte der Haushaltspolitiker der SPD, Carsten Schneider im ARD-Morgenmagazin.
Auch die Grünen haben den Griechenland-Besuch der Bundeskanzlerin als "längst überfällig" bezeichnet. "Viele Spannungen, viele Zerwürfnisse hätten vermieden werden können, wenn Frau Merkel, der Außenminister oder andere hochrangige Vertreter dieser Bundesregierung nach Griechenland gefahren wären", sagte die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth. Merkel müsse deutlich machen, dass zur Solidität in Europa auch Solidarität gehört. "Sie muss zeigen, dass sie Verständnis hat für die Auswirkungen der doch sehr drastischen Reformen in Griechenland", sagte Roth weiter.
Linke-Chef Bernd Riexinger wird gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Athen demonstrieren und eine Rede halten. "Merkels Besuch in Athen verschärft die inneren Konflikte Griechenlands", sagte Riexinger den Stuttgarter Nachrichten. "Ich werde in Athen unsere Solidarität mit den griechischen Arbeitnehmern und Rentnern versichern, die gegen die existenzbedrohenden Kürzungen ihrer Einkommen auf die Straße gehen." Riexinger will in der griechischen Hauptstadt unter anderen den Vorsitzenden des linksradikalen Syriza-Bündnisses, Alexis Tsipras, treffen. Der Besuch war lange vor Ankündigung der Merkel-Reise geplant.