Süddeutsche Zeitung

Griechenland:Athens Konservative suchen Nähe zu Berlin

  • Griechenlands Konservative gehen im Streit um die Staatsschulden des Landes demonstrativ auf Deutschland zu.
  • Kyriakos Mitsotakis, der Vorsitzende der oppositionellen Nea Dimokratia, besucht am Montag mit einer Delegation der Partei die Spitzen der CDU in Berlin.

Von Cerstin Gammelin, Berlin, und Mike Szymanski, Thessaloniki

Der Streit um Griechenlands Schulden verschärft sich wieder: Während sich CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble mit der linken Athener Regierung streitet, wie weit das Reformprogramm für Griechenland gehen soll, besucht an diesem Montag der Chef der oppositionellen griechischen Konservativen unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Schäuble in Berlin. Dies verhärtet den Konflikt zwischen Berlin und Athen zusätzlich. Am Samstag warnte Ministerpräsident Alexis Tsipras Schäuble, bei den Gesprächen über weitere Finanzhilfen aus dem dritten Kreditprogramm nicht länger "mit dem Feuer zu spielen".

Tsipras forderte auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, dafür zu sorgen, dass Schäuble seine "permanente Aggressivität" gegenüber Athen einstelle. Der Premier bezog seine heftige Kritik auf die kürzlich von Schäuble im deutschen Fernsehen vorgetragene Forderung, wonach Athen Reformen auch tatsächlich umsetzen müsse, "sonst können sie nicht in der Währungsunion bleiben".

Dass Schäuble der linken Regierung erneut mit dem Hinauswurf Griechenlands aus dem Euro droht, gibt dem Besuch einer Delegation der konservativen Nea Dimokratia mit ihrem Vorsitzenden Kyriakos Mitsotakis eine eigene Brisanz. Geplant sind Treffen mit Merkel, Schäuble, der Unionsfraktion sowie Wirtschaftsvertretern. Mitsotakis will den internationalen Gläubigern seines Landes die Angst vor Neuwahlen nehmen. Er sagte der Süddeutschen Zeitung: "Wir können ein viertes Hilfspaket vermeiden, wenn wir rechtzeitig den politischen Wechsel einleiten." Dies setze aber baldige Neuwahlen in seiner Heimat voraus.

Mitsotakis, dessen Partei in den Umfragen weit vor dem regierenden Syriza-Bündnis liegt, will Merkel seinen "Plan für Griechenland" präsentieren. Sollte er Regierungschef werden, will er Reformen einvernehmlich mit den Kreditgebern durchsetzen. Im Gegenzug erwartet er mehr Luft bei den haushaltspolitischen Zielen.

Mitsotakis will den heftigen Streit zwischen Athen und seinen Gläubigern um die Haushaltsziele mit einem Kompromiss entschärfen. Bislang fordert Berlin, dass Griechenland einen Haushaltsüberschuss von 3,5 Prozent erwirtschaftet; Mitsotakis schlägt nun einen Überschuss von zwei Prozent vor. So würden die griechischen Privathaushalte und mittelständischen Unternehmen nicht so stark belastet. Im Gegenzug will Mitsotakis Berlin bei dem umstrittenen Schuldenerlass entgegenkommen. Darüber solle erst geredet werden, wenn wieder Vertrauen hergestellt sei, sagte er.

Die deutsche Seite versucht, den Besuch herunterzuspielen. Schäuble erfülle einen Gesprächswunsch, sagte seine Sprecherin. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, dass Merkel Mitsotakis als CDU-Chefin treffe. Der CDU-Abgeordnete Eckhardt Rehberg warnte vor Kompromissen: "Wenn wir sieben Jahre zurücksehen, müssen wir feststellen, dass keine griechische Regierung jemals echt hinter dem Reformprogramm gestanden hat.

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SZ vom 13.02.2017/fie
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