Süddeutsche Zeitung

Griechenland-Abstimmung im Bundestag:SPD ringt um Ja zu Merkels Athen-Rettung

Viele Sozialdemokraten wollen nicht schon wieder die Euro-Krisenpolitik der Regierung billigen. Die "Stimmung ist bei uns kritisch", heißt es aus der SPD-Fraktion. Mit einem Nein würde sich die Partei aber gegen die Grünen stellen - und ihre eigene Führung brüskieren.

Von Susanne Höll, Berlin

In der SPD-Bundestagsfraktion gibt es eine ernsthafte Auseinandersetzung über den Kurs in der Euro-Rettung. Breite Teile der Fraktion sind nach Darstellung von Abgeordneten bereit, bei der nun für Freitag angesetzten Debatte gegen das neue internationale Hilfspaket für Griechenland zu stimmen und damit auch ihre Führung zu brüskieren.

Denn der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier hält dem Vernehmen nach trotz Kritik am Agieren der Bundesregierung eine neuerliche Zustimmung aus europapolitischer Überzeugung aber auch aus strategischen Gründen für nötig. Man gehe davon aus, dass auch der designierte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die Haltung Steinmeiers teile, verlautete weiter. Steinmeier versuchte zusammen mit Gefolgsleuten am Mittwoch, die Kritiker in den eigenen Reihen umzustimmen.

Ob sich diese Anstrengungen lohnen, wird sich an diesem Donnerstagmorgen zeigen. Dann will die SPD-Fraktion in einer Sondersitzung ihr Votum festlegen. Der Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann sagte, die Entscheidung sei völlig offen. "Die Stimmung bei uns ist kritisch", sagte er. Persönlich sprach er sich gegen eine weitere Stimmenthaltung aus.

15 Abweichler in der Unionsfraktion

Die SPD hatte sich 2010 bei zwei Rettungsentscheidungen enthalten und dafür sehr viel Kritik, aber auch Rügen aus der schwarz-gelben Koalition einstecken müssen. Seither hatte die Fraktion mehrheitlich stets mit der Koalition für Hilfsmaßnahmen votiert, die Bereitschaft zur Kooperation mit Union und FDP bröckelte aber. In der Fraktionssitzung am Dienstag hatte es stundenlange Diskussionen über den richtigen Weg gegeben. Dabei sei auch ein großer Unwille deutlich geworden, abermals Kanzlerin Angela Merkel und ihrer Regierung die Stimme zu geben, berichteten Abgeordnete. "Hätten wir am Dienstag abgestimmt, wäre es ein Nein geworden", sagte ein namhafter SPD-Politiker, der nicht genannt werden wollte. "Jetzt steht es Spitze auf Knopf", fügte er hinzu.

Die Unionsfraktion tat sich da leichter. Bei einer Probeabstimmung am Mittwochabend votierte eine große Mehrheit für die Hilfen, 15 Abgeordnete stimmten dagegen.

Klare sachliche Gründe gegen den am Montag erzielten internationalen Kompromiss zur Griechenland-Hilfe waren allerdings zwischen SPD und Union nicht auszumachen. Es gehe eher um emotionale und parteitaktische Überlegungen, hieß es aus der SPD-Fraktion. Viele wollten, mit Blick auf den Bundestagswahlkampf, der Koalition nicht mehr helfen und sich in den eigenen Wahlkreisen dafür rechtfertigen müssen. "Es wächst der Wunsch nach mehr Opposition", sagte ein Abgeordneter.

In der Fraktionsführung zeigte man sich verhalten optimistisch, dass die Spitze die Abgeordneten zur Zustimmung bewegen könne. Entscheidend sei, wie sich Kanzlerkandidat Steinbrück positioniere, hieß es. Ein Nein widerspräche der europapolitischen Linie der SPD und sei auch taktisch Unfug. Dass man zusammen mit der Linkspartei gegen das Hilfspaket stimmen würde, während die Grünen es gemeinsam mit Union und FDP unterstützen wollten, wäre für die SPD ein verheerendes politisches Signal.

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SZ vom 29.11.2012/olkl
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