COP26:Deutschland investiert 700 Millionen Euro in Südafrikas Kohleausstieg

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Die geschäftsführende Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) nennt die Investition in Südafrika ein "Vorzeigeprojekt". (Foto: dpa)
  • Eine Gruppe von Staaten, darunter die USA und Deutschland, will Südafrika beim Ausstieg aus der Kohleverstromung unterstützen.
  • Grünen-Chefin Baerbock mahnt Verbindlichkeit beim Klimaschutz an: "Die großen Industriestaaten müssen vorangehen".
  • Etwa 100 Staaten wollen bis 2030 die Entwaldung stoppen.
  • In den kommenden zwei Wochen ringen etwa 200 Staaten darum, wie die Erderwärmung auf ein noch erträgliches Maß eingedämmt werden kann.

Deutschland will 700 Millionen Euro investieren, um in Südafrika den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu unterstützen. Das teilten Vertreter von Bundesumwelt- und Bundesentwicklungsministerium mit. Die Mittel sind Teil einer neuen Energie-Partnerschaft mit Südafrika, der sich die EU, Großbritannien und die USA angeschlossen haben. Insgesamt sind in den kommenden fünf Jahren 8,5 Milliarden US-Dollar an Unterstützung vorgesehen, ein Großteil davon als Kredite. Auch private Mittel und Gelder der Weltbank wollen die Partner mobilisieren, um den Einsatz neuer sauberer Technologien, einschließlich grünem Wasserstoff, in Südafrika zu fördern.

Die geschäftsführende Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) lobte die neue Partnerschaft als Vorzeigeprojekt. "Ein erfolgreicher Kohleausstieg in Südafrika hat das Potenzial, eine Blaupause für andere Regionen zu werden", so Schulze.

Derzeit gewinnt Südafrika fast 90 Prozent seines Stroms aus der Verbrennung von Kohle. Der Wandel solle sozial verträglich gestaltet werden, betont Maria Flachsbarth, geschäftsführende Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium. Mehr als 90 000 Minenarbeiter seien in Südafrika im Einsatz und müssten beim Übergang zur sauberen Energiegewinnung unterstützt werden. Es sei auch wichtig, gerade Frauen und Jugendlichen neue berufliche Perspektiven zu bieten. (02.11.2021)

Baerbock: "Die großen Industriestaaten müssen vorangehen"

Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock fordert die Industriestaaten auf, bei einem energischeren Klimaschutz voranzugehen. "Es braucht endlich Verbindlichkeit", sagte Baerbock im ZDF-Morgenmagazin mit Blick auf die Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow. Die bisher vorgelegten nationalen Programme reichten nicht, um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. "Die großen Industriestaaten müssen vorangehen."

Baerbock äußerte sich weiter: "Wir haben ja kein Erkenntnisproblem. Dass wir dringend, dringend handeln müssen, das wissen wir eigentlich seit Jahren. Dass wir mit den Klimaplänen der Nationalstaaten nicht auf den 1,5-Grad-Pfad kommen, das ist auch bekannt." Kohleausstieg, Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, Schutz der Wälder und vor allem ein Technologiesprung zu einer klimaneutralen Industrie, "das muss jetzt endlich gemacht werden und nicht nur versprochen werden", sagte Baerbock.

In Glasgow beraten in den kommenden zwei Wochen etwa 200 Staaten darüber, wie das in Paris beschlossene 1,5 Grad-Ziel noch erreicht und konkret umgesetzt werden kann. Die bisherigen Pläne der Staaten reichen dazu noch bei weitem nicht aus. Ziel der COP26 ist es unter anderem, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern und die Erderwärmung zu begrenzen. (02.11.2021)

Das steht heute an

Am dritten Tag der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow sprechen erneut zahlreiche Staats- und Regierungschefs. Unter anderen sollen an diesem Dienstag neben den Präsidenten einiger EU-Staaten auch lateinamerikanische Staatschefs und hochrangige Vertreter ärmerer Länder wie Sierra Leone oder Ruanda zu Wort kommen. Auch die Staats- und Regierungschefs von Inselstaaten wie den Bahamas oder Barbados, die besonders von den Folgen der Erderhitzung bedroht sind, stehen auf der Rednerliste.

Zudem ist eine Pressekonferenz mit US-Präsident Joe Biden geplant, die Uhrzeit ist aber noch unklar. Um 11.15 Uhr tritt die deutsche Delegation zum Verhandlungsstart bei einer Pressekonferenz auf, eine Stunde später gibt es einen Termin zur neuen Energiepartnerschaft Deutschlands mit Südafrika.

Die Regierungsvertreter der Länder beraten auch mit Unternehmerinnen und nicht-staatlichen Organisationen über den Schutz von Wäldern und nachhaltigere Landnutzungsformen. Am Nachmittag soll es einen Austausch über die Entwicklung sauberer Technologien geben. (02.11.2021)

Etwa 100 Staaten wollen bis 2030 die Entwaldung stoppen

Auf dem Weltklimagipfel in Glasgow verpflichten sich mehr als 100 Staaten, die Zerstörung von Wäldern und anderen Landschaften bis 2030 zu stoppen. Das erklärte die britische Regierung am späten Montagabend. Sie hat bei der Uno-Konferenz den Vorsitz. Die beteiligten Länder, darunter Deutschland und die gesamte EU, repräsentieren demnach 85 Prozent der weltweiten Waldfläche, also etwa 34 Millionen Quadratkilometer.

Mit dabei sind die Staaten mit den größten Wäldern überhaupt, also Kanada, Russland, Brasilien, Kolumbien, Indonesien sowie China, Norwegen und die Demokratische Republik Kongo. Für das Vorhaben werden demnach bis 2025 etwa 12 Milliarden US-Dollar (rund 10,3 Milliarden Euro) an öffentlichen Geldern mobilisiert. Hinzu kommen 7,2 Milliarden US-Dollar private Investitionen.

Wälder gelten als die Lunge unseres Planeten, sie nehmen etwa ein Drittel der jährlich vom Menschen ausgestoßenen CO₂-Emissionen auf. Doch schrumpfen sie bedenklich, wie es in der Mitteilung weiter hieß: Jede Minute gehe eine Fläche von etwa 27 Fußballfeldern verloren. Der britische Premierminister Boris Johnson sprach der Mitteilung zufolge von Wäldern als "Kathedralen der Natur" und erklärte: "Sie sind unverzichtbar für unser Überleben." Der Präsident Indonesiens, Joko Widodo, sagte laut der Mitteilung, sein Land sei gesegnet mit viel Regenwald. Seine Regierung verpflichte sich, diese als "natürliches Kapital" zu beschützen. (02.11.2021)

Indien verspricht erstmals Klimaneutralität bis 2070

Indiens Premierminister Narendra Modi hat beim Weltklimagipfel in Glasgow erstmals ein Ziel für die Klimaneutralität seines Landes genannt: Bis 2070 will das bevölkerungsreiche Land nur noch so viel klimaschädliche Emissionen ausstoßen, wie etwa in Senken wie Ozeanen und Wäldern aufgenommen werden können. Das ist das obere Limit, das der Weltklimarat (IPCC) für weltweite Klimaneutralität angegeben hat, damit das Leben auf dem Planeten Erde noch lebenswert bleibt. Erneuerbare Energien, so Modi außerdem, sollten bis 2030 etwa 50 Prozent des Energiebedarfs stellen. Im vergangenen Jahr waren es 38 Prozent.

Viele Länder streben - so wie die EU - Klimaneutralität bis 2050 an, China hat 2060 ins Auge gefasst. Modi wies in seiner Rede allerdings auch darauf hin, dass in Indien 17 Prozent der Weltbevölkerung lebten, die aber nur für fünf Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich seien. (01.11.2021)

Merkel wirbt für weltweiten CO₂-Preis

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für einen weltweiten Preis auf den Klimagas-Ausstoß als zentrales Instrument für den Wandel von Industrie und Gesellschaft geworben. "Wir werden mit staatlichen Aktivitäten allein nicht vorankommen", sagte sie am Montag zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Glasgow. Es gehe um eine umfassende Transformation des Lebens und Wirtschaftens. "Deshalb will ich hier ein klares Plädoyer einlegen für die Bepreisung von Kohlenstoff-Emissionen." Diese gebe es bereits innerhalb der EU und beispielsweise auch in China. Mit einem CO₂-Preis könne man die Industrie dazu bringen, die technologisch besten Wege zur Klimaneutralität zu finden. Dies gelte etwa auch für den CO₂-Ausstoß im Verkehrsektor. "In der Dekade des Handelns, in der wir jetzt leben, national ambitionierter zu sein, aber global Instrumente zu finden, die nicht nur Steuergelder einsetzen, sondern die wirtschaftlich vernünftig sind. Und das ist für mich die CO₂-Bepreisung."

Deutschland hat neben dem EU-Emissionshandel für Kraftwerke und Industrie auch einen allgemeinen Preis-Aufschlag etwa für Sprit, Gas und Heizöl eingeführt. Mit den Einnahmen sollen der Wandel gefördert und soziale Härten abgefedert werden. Als Industrie- und Exportland hat Deutschland großes Interesse, dass solche Preise auch in anderen Staaten eingeführt werden. Nur so sei ein fairer Wettbewerb möglich. Die EU plant andernfalls bereits mit einer Steuer auf Importe aus Ländern mit lascheren CO₂-Vorgaben.

Merkel erinnerte auch daran, dass sie als Umweltministerin 1995 "die Ehre hatte", die erste UN-Klimakonferenz in Bonn zu leiten. Glasgow sei ihr letzter Gipfel, und es stelle sich nun die Frage, wie weit die Welt vorangekommen sei. "Wir sind noch nicht da, wo wir hinmüssen", räumte sie ein. So seien die vorgelegten nationalen CO2-Minderungsziele nicht ausreichend, um das Pariser Klimaabkommen umzusetzen, das die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad beschränken soll. Zugleich zeigte Merkel sich zuversichtlich, dass in Glasgow Fortschritte erzielt werden können: "Wir müssen und wir können das Pariser Klimaabkommen umsetzen."

Auch US-Präsident Joe Biden verwies im Kampf gegen die Erderwärmung auf eine kurze Zeit, die zum Handeln noch da sei. Er fragte, ob die internationale Gemeinschaft jetzt das Notwendige tun oder "die künftigen Generationen zum Leiden verurteilen" werde. Es sei möglich, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, wenn alle zusammenkämen und sich verpflichteten, ihren Anteil ehrgeizig und entschlossen umzusetzen.

Zugleich sprach sich Biden dafür aus, Entwicklungsländer bei ihren Anstrengungen zu unterstützen. Es gebe hier eine Verpflichtung, zu helfen. Der US-Präsident räumte ein, dass noch nicht genug geschehe. Er schloss die Rede mit den Worten: "Möge Gott den Planeten retten." (01.11.2021)

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