Grenze zwischen Ukraine und Russland:Poroschenko befiehlt Bau einer riesigen Verteidigungsanlage

Grenze zwischen Ukraine und Russland: Ein ukrainischer Soldat kontrolliert an einem Checkpoint bei Mariupol

Ein ukrainischer Soldat kontrolliert an einem Checkpoint bei Mariupol

(Foto: AFP)

Die Pläne der ukrainischen Regierung sind gigantisch: Präsident Poroschenko lässt an der Grenze zu Russland einen gewaltigen Schutzwall errichten. Auch eine 2300 Kilometer lange Mauer ist geplant. Derweil sorgen die Sanktionen gegen Moskau für Uneinigkeit in der EU.

  • Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat an der Grenze zu Russland den Bau einer riesigen Verteidigungsanlage angeordnet.
  • Poroschenko hat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Waffenruhe in der Ostukraine gesprochen.
  • Die EU-Staaten haben die Entscheidung über die Russland-Sanktionen vertagt.
  • Russlands Präsident Putin wirft der Nato vor, den Ukraine-Konflikt zur "Wiederbelebung" des eigenen Militärbündnisses zu nutzen.
  • Die russische Marine testet eine atomar bestückbare Interkontinentalrakete des Typs Bulawa.

Ukraine beginnt Bau von Grenzbefestigungen

Um sich während der Waffenruhe vor möglichen Angriffen russischer Separatisten zu schützen, hat die Ukraine an der Grenze zu Russland mit dem Bau von Befestigungsanlagen begonnen. "Geplant sind zwei Verteidigungslinien", teilte die Pressestelle der "Anti-Terror-Operation" in Kiew mit. In der ersten Phase sollen auf Anweisung von Präsident Petro Poroschenko knapp 1500 Kilometer Gräben ausgehoben sowie mehr als 4000 Unterstände und 8000 Stellungen für Militärtechnik eingerichtet werden. Auf 60 Kilometer sind zudem "unsprengbare Sperren" geplant, die einen möglichen Vormarsch stoppen sollen. Unabhängig von den Verteidigungslinien will Regierungschef Arseni Jazenjuk entlang der Grenze eine rund 2300 Kilometer lange Mauer bauen lassen.

Poroschenko telefoniert mit Merkel

Poroschenko hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Telefonat über die Feuerpause im Konfliktgebiet Ostukraine informiert. Poroschenko habe betont, dass der ukrainische Geheimdienst einen deutlichen Abzug russischer Kämpfer aus der Unruheregion bemerkt habe, teilte das Präsidialamt in Kiew mit. Die Lage in den Separatistengebieten Donezk und Luhansk habe sich zuletzt etwas entspannt. Poroschenko betonte, dass eine objektive Überwachung der Waffenruhe durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wünschenswert sei.

EU-Staaten vertagen Entscheidung über Russland-Sanktionen

Unterdessen streiten die EU-Staaten nach wie vor über eine Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Ein Treffen der EU-Botschafter ging nach Angaben von Diplomaten am Mittwochabend ohne endgültiges Ergebnis auseinander. Die EU-Vertreter sollen am Donnerstag zu neuen Beratungen zusammenkommen. Während Deutschland für das Inkraftsetzen der bereits beschlossenen Strafmaßnahmen plädiert habe, seien andere Staaten angesichts des Waffenstillstandes in der Ostukraine für eine Neubewertung der Lage gewesen, sagte ein Diplomat.

Der Plan bleibt zwei Diplomaten zufolge aber bestehen, die Sanktionen am Freitag im EU-Amtsblatt zu veröffentlichen und damit in Kraft treten zu lassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte zuvor, es gebe bei nur zwei von zwölf Punkten des ausgehandelten Friedensplanes Fortschritte, deshalb sollten die Strafmaßnahmen gegen Russland umgesetzt werden.

Putin sieht Russland vom Westen bedroht - USA weisen Vorwurf zurück

Kremlchef Wladimir Putin hat eine "adäquate Antwort" auf die von der Nato beschlossene Truppenverstärkung in Osteuropa angekündigt. "Wegen dieser neuen Bedrohungen ist Russland gezwungen, seine Sicherheit zu erhöhen", sagte er der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Russland werde sich zwar nicht an einem Wettrüsten beteiligen. "Aber die Militarisierung des Weltraums und die US-Stützpunkte in Europa und Alaska, direkt an unserer Grenze, nötigen uns zu einer Reaktion", meinte Putin.

Die Nato nutze den Ukraine-Konflikt, um sich selbst zu reanimieren: "Die Krise in der Ukraine, die von einigen unserer westlichen Partner provoziert und angestiftet wurde, wird nun zur Wiederbelebung ihres Militärbündnisses genutzt", sagte Putin.

Die Nato hatte vergangene Woche ihr Gipfeltreffen im walisischen Newport hauptsächlich dem Streit mit Russland um die Ukraine gewidmet. Dabei beschloss das Militärbündnis unter anderem die Einrichtung einer schnellen Eingreiftruppe, besonders auf Wunsch der baltischen Staaten und Polens.

Die USA haben den Vorwurf zurückgewiesen. Die jüngsten Beschlüsse der Militärallianz seien "das direkte Resultat der Bedrohung, die einzelne Verbündete wegen Russlands Unterstützung für Separatismus in der Ukraine empfinden", sagte die Europabeauftragte im US-Außenministerium, Victoria Nuland. "Wir alle würden liebend gerne wieder zum Status quo zurückkehren, wenn Russland dies zuerst tut."

Russland testet Atomrakete

Russland hat als Zeichen der Stärke eine Interkontinentalrakete getestet, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden kann. Das Atom-U-Boot Wladimir Monomach habe die Rakete vom Typ Bulawa (Nato-Code: SS-NX-32) aus dem arktischen Weißen Meer abgefeuert. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge mit. Der Abschuss lief Militärangaben zufolge erfolgreich, nachdem einige Tests zuvor schiefgegangen waren. Zwei weitere sollen im Oktober und November folgen, sagte der Chef der Marine. Die Bulawa-Rakete soll das Kernstück der russischen Atomwaffen über die kommenden zehn Jahre sein.

Sonderstatus für Ostukraine

Poroschenko hat für die von den Rebellen kontrollierten Gebiete im Osten seines Landes einen Sonderstatus in Aussicht gestellt. Kommende Woche werde er dem Parlament dazu einen Gesetzentwurf vorlegen, kündigte Poroschenko an. Das Gesetz über die "vorübergehende Selbstverwaltung" in einzelnen Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk sehe vor, dass "diese Regionen in der Ukraine bleiben".

Das Friedensabkommen, das in der vergangenen Woche in Minsk unterschrieben wurde, beinhalte, dass die Ukraine ein souveräner und vereinter Staat innerhalb der gegenwärtigen Grenzen bleibe, sagte der Präsident. Das gelte auch für das von den Rebellen kontrollierte Territorium. Die vereinbarte Waffenruhe lasse sich nur schwierig aufrechterhalten, fügte Poroschenko hinzu. "Terroristen" würden ständig versuchen, die ukrainischen Streitkräfte zu provozieren.

Ukrainische Truppenbewegungen im Konfliktgebiet

Währenddessen gruppiert die Führung in Kiew ihre Militäreinheiten im Konfliktgebiet um. Dies sei aber nicht für einen Angriff auf prorussische Separatisten gedacht, sondern für die Verteidigung des Staatsgebiets, sagte Poroschenko vor Ministern in Kiew örtlichen Medien zufolge. "Wir müssen bereit sein zum Partisanenkrieg", sagte er. Einen Einsatz ausländischer Soldaten schloss er aus. "Das ist die Sache der ukrainischen Streitkräfte."

Sanktionen gegen Russland

Nach Auffassung der Regierung in Kiew und westlicher Staaten werden die Rebellen in der Ostukraine von russischen Soldaten und Panzern unterstützt. Die USA und die Europäische Union haben deswegen Sanktionen gegen Russland verhängt. In Brüssel begannen die Botschafter der 28 EU-Staaten mit Beratungen über die Anwendung neuer Sanktionen gegen Russland. Sie wollen entscheiden, ob die bereits beschlossenen Maßnahmen gegen Moskau nun in Kraft treten oder weiter ausgesetzt werden.

Die Verzögerung der Anwendungen kommt auf Wunsch einer Reihe von Regierungen, um zu sehen, ob die Waffenruhe eingehalten wird und ob es Fortschritte beim Friedensprozess gibt. Moskau hat bereits mitgeteilt, es werde mit Gegensanktionen reagieren.

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