Endlagersuche:Gorleben könnte seinen Schatten werfen

Aus dem niedersächsischen Salzstock Gorleben könnte ein Atom-Endlager werden.

Besucher im Erkundungsbergwerk Gorleben - aus Gorleben soll kein Endlager werden.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Suchverfahrens ist klar: Der umstrittene Standort kommt nie wieder als Endlager für Atommüll in Frage. Das könnte verhängnisvolle Folgen haben.

Kommentar von Michael Bauchmüller, Berlin

Gründe gegen Gorleben gibt es wie Sand am Meer. Das fehlende Deckgebirge über dem Salzstock, wasserführende Schichten im Salz, die ganze Planungsgeschichte des Bergwerks, immer nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht. Aus einem ordentlichen Verfahren für die Suche nach einem Atommüll-Endlager hätte der Salzstock im Wendland früher oder später herausfliegen müssen. Aber gleich jetzt? Und so? Das könnte verhängnisvolle Folgen haben.

An diesem Montag hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) die potenziellen Regionen für ein Endlager vorgestellt. Es ist eine noch relativ grobe Vorprüfung, in der mehr als die Hälfte des Landes übrigblieben - riesige Flächen in Bayern, Sachsen, Niedersachsen, Baden-Württemberg; selbst Städte sind dabei. Nur ein Standort fehlt: Gorleben. Anders als andere Salzstöcke habe er schlicht nicht alle Anforderungen erfüllt, sagt die BGE. Doch das Ende dieses so umstrittenen Standorts könnte sich zur Belastung für das gesamte Suchverfahren auswachsen.

Die Entscheidung ist endgültig, das Gesetz ist an dieser Stelle klipp und klar. Wenn Gorleben an einer Stufe des Verfahrens ausscheidet, wird der Salzstock nie wieder für ein Endlager in Frage kommen. Über Gorleben und seine Nachteile gegenüber anderen Salzstöcken wird auch nie in den vielen Beteiligungsformaten diskutiert werden, die eigentlich das Suchverfahren begleiten sollen. Das Projekt Gorleben, das in Hinterzimmern ersonnen wurde und gegen alle Widerstände durchgedrückt wurde, ist in den stillen Kämmerlein einer bundeseigenen Gesellschaft in Peine beerdigt worden: Klappe zu, Affe tot.

Gorleben scheidet ohne Not aus - nun sind die Zweifel gesät

Die höchst fragwürdige Geburt des Standorts Gorleben hat das Projekt von Anfang an überschattet. Nun, mehr als 40 Jahre später, könnte das Ende des Projekts abermals einen Schatten werfen: auf die Suche nach Alternativen. Denn Bürger in anderen Regionen werden immer wieder die Frage aufwerfen, ob nicht vielleicht Gorleben doch geeignet gewesen wäre - und ob es letztlich allein aus politischen Gründen schon im ersten Durchgang der Suche aus dem Rennen genommen wurde. An Gegnern des Projekts mangelt es schließlich nicht.

In den weiteren Stufen der Endlagersuche, in denen auch andere Standorte eingehend, später sogar unter Tage geprüft worden wären, hätte der Salzstock im Wendland keine Chance gehabt, zu schwer wiegen seine geologischen Nachteile. Und ja: Die Gründe dafür mögen auch in diesem ersten Durchgang schon eine Rolle gespielt haben. Indem aber nun Gorleben ohne Not ausgeschieden ist, sind die Zweifel gesät - in einem Verfahren, das durch seine Wissenschaftlichkeit, seine Transparenz, seine Beteiligung der Öffentlichkeit bestechen sollte. Es wäre eine Katastrophe, würde sich der Fluch Gorlebens über dieses Verfahren legen.

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