Glyphosat:Kleiner Sieg der Vernunft

Die Entscheidung über das Pestizid wird vertagt. Das ist gut.

Von Jan Heidtmann

Es schien ausgemacht zu sein. Manche würden gar sagen: abgekartet. Von diesem Montag an sollten Experten aus den 28 Mitgliedstaaten darüber befinden, ob das umstrittene Pestizid Glyphosat für weitere 15 Jahre in der EU eingesetzt werden darf; die Zustimmung schien gewiss zu sein. Doch nun rebellieren namhafte Länder, vermutlich wird die Entscheidung vertagt. Es wäre ein erster, kleiner Sieg der Vernunft.

Glyphosat ist der VW Golf unter den Pestiziden, weltweit wird keines häufiger eingesetzt. Spuren der Chemikalie sind - vom Bier bis zur Erdbeere - in fast allen konventionell erzeugten Lebensmitteln zu finden. Manche Umweltschützer haben die Debatte darüber deshalb zu einer Entscheidung über Wohl oder Wehe der Menschheit hochstilisiert. Das ist genau so falsch wie das Mantra der Agrarlobby, nur Glyphosat sichere die Ernten und rette so Menschenleben. Wahr ist: Nichts Genaues weiß man nicht. Die WHO sagt, das Pestizid sei für den Menschen "wahrscheinlich krebserzeugend", die EU-Behörde Efsa sagt, es sei "wahrscheinlich nicht krebserregend".

WHO und Efsa, beides sind respektable Institutionen. Gleichzeitig kann kaum ein Mensch verhindern, mit der Nahrung Glyphosat in sich aufzunehmen. Deshalb ist die EU ihren Bürgern Aufklärung über die Wirkung der Chemikalie schuldig. Nur Spielernaturen treffen Entscheidungen ins Ungewisse hinein.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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