Schlimmer noch, als die Einladung in ein Sylter Fünf-Sterne-Hotel überhaupt angenommen zu haben, ist die Rechtfertigung, die Kieler Politiker dafür parat halten. Ja, sie hätten an einer Sponsorenveranstaltung der Glücksspielbranche teilgenommen und nicht selbst bezahlt, gaben sie zu, aber von Einflussnahme könne schon deshalb keine Rede sein, weil sie ja ohnehin schon vorher dasselbe wollten. Die weitgehende Legalisierung von bisher illegalen Wettspielen steht schon seit Dezember 2010 im Gesetzentwurf.
Wo, bitte schön, ist da der Skandal?
Man hört und wundert sich: Wo haben die Herren Christian von Boetticher (CDU), der demnächst Ministerpräsident von Schleswig-Holstein werden will, Wolfgang Kubicki (FDP), liberales Fallbeil bei der Westerwelle-Hinrichtung, und der Multi-Funktionär Hans-Jörn Arp (CDU) zuletzt gelebt? An der Debatte über die Atomenergie und den Einfluss der Energiekonzerne auf die Politik hätte man schon ablesen können, dass sich die Bürger unabhängige Entscheidungen wünschen.
Lobbypolitiker sind nicht mal mehr dort sicher, wo sie per Naturgesetz geschützt zu sein schienen - frag' nach bei Mappus in Stuttgart. Und auch der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP), ebenfalls Sylt-Reisender auf fremder Kostenstelle, scheint auf einem anderen Planeten gewesen zu sein, als Parteifreund Brüderle für seine Offenherzigkeit in Sachen politischer Ratio abgewatscht wurde.
Der Eindruck, Politiker machten vor allem die Gesetze, die sich die Wirtschaft für sie ausgedacht hat, entsteht auch, wenn Politik und Wirtschaft auf Sylt nur ihre Einigkeit begießen. Nicht alles muss gleich ein großer Skandal sein. Auch kleine Haufen stinken.