(SZ) Es ist vermutlich im Pulverdampf der allgemeinen Weltlage ein bisschen untergegangen, dass Marcus Erlenbauer immer noch auf der Suche nach Mini ist. Für Menschen, die überhaupt nicht wissen, worum es geht, kommt hier ein Überblick über das bislang Geschehene: Marcus Erlenbauer, ein Galerist aus Bielefeld, reiste vor Kurzem mit seinem Ehemann und dem gemeinsamen Teddybären Mini nach Berlin. Im Einstein unter den Linden, einem beliebten Treffpunkt für schreibende, sendende und instagramende Hauptstadtteddybären, trafen sich die beiden Männer mit einer Schauspielerin. Während die drei sich unterhielten, nahm irgendein Jemand Erlenbauers Tasche mit. In dieser Tasche waren Kreditkarten, Geld, Ausweise und, weitaus tragischer: Mini, ein nur zwölf Zentimeter großer Teddy, der seither nicht mehr aufgetaucht ist.
Das heißt, in gewissem Sinne ist Mini eigentlich jetzt erst richtig aufgetaucht, nämlich als größere Meldung im Vermischten der Hauptstadtpresse. Die Sache mit Minis Entführung aus dem Einstein ist nun schon eine Woche her. Erlenbauer hat inzwischen eine Belohnung von 1000 Euro ausgesetzt, und man kann sich gut vorstellen, dass der Mini-Entführer an einem ausgeklügelten Plan arbeitet, das Geld einzutreiben, ohne dabei aufzufliegen. Erlenbauer hat natürlich nicht die Polizei eingeschaltet, dafür ist der Fall Mini einfach zu klein. Aber er hat überall in Berlin Plakate aufgehängt, die Minis Aussehen beschreiben und auch sachte Hinweise auf Minis Beziehung zu seinen Besitzern geben. Wie auch immer: Wichtig ist jetzt erst einmal, dass die Berliner die Augen offen halten und Handyfotos von allen auch nur entfernt verdächtig erscheinenden Menschen in die sozialen Netzwerke stellen.
Wäre man nicht in Gedanken und Gefühlen ganz auf der Seite von Marcus Erlenbauer, so würde man dem Gedanken nachgehen, Mini könnte eine unbemerkte Minute im Einstein benutzt haben, um türmen zu gehen. Nicht etwa, weil er sich bei Erlenbauer und dessen Ehemann nicht wohlgefühlt hätte. Aber vor die Wahl gestellt, zurück nach Bielefeld zu müssen oder eine aufregende Kleinbärenzukunft in Berlin vor sich zu haben, könnte Mini auf die zweite Option verfallen sein. Dafür spräche, dass Mini auch die Tasche hat mitgehen lassen, in welcher er gemeinsam mit den Kreditkarten angereist war. Und warum sollte sich Mini nicht inzwischen eine andere Identität verschafft haben, wie es viele in Berlin tun, und sei es nur ein anderer Name, Maxi zum Beispiel? Vielleicht lebt er das Leben, das er als stets kleingeredeter Bär immer vermisst hat. Womöglich hat er sich eine neue Existenz als Schlüsselanhänger aufgebaut oder er lebt im Untergrund als Drogenkurier. Wer Mini, der sich auch Maxi nennt, erkennt, sollte ihn nicht beachten. Mini könnte maximal von seiner Schusswaffe Gebrauch machen.