GlosseDas Streiflicht

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Was man von Päpsten bisher nicht kannte: das Verhältnis zwischen Muskel-, Knochen- und Fettmasse. Bei Leo XIV. weiß man nun, dass es gut und er in Topform ist.

(SZ) Der menschliche Körper, also der materielle Teil des Menschen, ist ein aus zehn bis hundert Billionen Zellen zusammengesetztes organisches Ganzes. Weil mit solch aberwitzigen Angaben im Alltag wenig anzufangen ist, weicht man gern auf anschaulichere, handfestere Elemente aus, als da insbesondere sind: die Muskel-, die Knochen- und die Fettmasse. „Masse“, wie das schon klingt! Man muss diese drei Massen aber nüchtern sehen, und zwar im Bezug zur Gesamtmasse des Körpers, und wenn dann zwischen ihnen auch noch ein ausgewogenes Verhältnis herrscht, kommt beim professionellen Beobachter Genugtuung auf. Solch ein Beobachter ist der römische Fitnesstrainer Valerio Masella, der bei einem seiner Klienten, einem gewissen „Robert“, ein hervorragendes Verhältnis der drei Körpermassen konstatierte. Er gab von diesem „eccellente equilibrio“ nun im Messaggero Kunde, weil aus besagtem Robert, den er für einen Professor, Akademiker „oder so etwas“ gehalten hatte, zu seiner nicht geringen Freude Papa Leone geworden war, der neue Papst.

Die Papstgeschichte gibt zum Komplex Vatikan & Sport nicht allzu viel her. Gut, von Papst Franziskus wusste man, dass er ein Fan des argentinischen Fußballvereins Club Atlético San Lorenzo de Almagro war, und Pius IX. wird nachgerühmt, dass er ein guter Reiter war und das Billardspiel exzessiv betrieb. Was den vatikanischen Fußball angeht, so wird dazu oft das Jahr 1521 genannt. Damals oblag man im Belvedere-Hof des päpstlichen Palastes dem Florentinischen Fußball („calcio fiorentino“), einer rabiaten, auf das Rugby vorausweisenden Sportart. Leo X. freilich, der sehr beleibt war und wahrscheinlich kein befriedigendes equilibrio von Muskel-, Knochen- und Fettmasse hätte vorweisen können, spielte nicht mit, sondern verfolgte das Spektakel vom Borgiaturm aus. Und Benedikt XVI.? Er hat sich dem Fußball denkerisch genähert und ihn als „versuchte Heimkehr ins Paradies“ hingestellt, doch hatte er schon im Studienseminar zu Traunstein die Leibesübungen als „wahre Folter“ empfunden. Schwer vorstellbar, dass einer wie er inkognito zu einem wie Valerio Masella ins Fitnesscenter geschlichen wäre.

Ob Leo XIV. seiner Leidenschaft für das Tennisspielen weiterhin wird nachgehen können, ist eine in Rom und auf dem ganzen Erdkreis diskutierte Frage. Eines aber ist jetzt schon sicher, nämlich dass künftige Papstbiografien ohne Daten zum Verhältnis zwischen Muskel-, Knochen- und Fettmasse Seiner Heiligkeit als unvollständig gelten müssen. Ob Leo wohl eine dieser Uhren alias Fitnesstracker trägt, die den Schlaf messen, die Schritte zählen, den Blutdruck überwachen und vor Herzrhythmusstörungen zuverlässig warnen? Wenn ja, wird es eine weitere Aufgabe der Schweizergarde sein, darauf zu achten, dass das Ding nicht von Paparazzi oder gar der Kurie ausgelesen werden kann.

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