GlosseDas Streiflicht

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Der amerikanische Gesundheitsminister ist baden gegangen. Die Saison ist eröffnet, aber das scheint nicht allen zu gefallen.

(SZ) Die gute Nachricht: Der US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. hat in Washington die Badesaison früher eröffnet als üblich. Als Stichtag gilt eigentlich der 15. Mai. RFK Jr. hat aber schon am 11. Mai ein Bad mit seinen Enkelkindern im Rock Creek im Nordwesten von Washington, D.C., genommen. In Deutschland war innerstädtisches Baden ja lange verpönt, weil es unmöglich war, in den Rhein oder die Ruhr zu springen, ohne als mit jeder Art von Schwermetall verseuchtes Fundstück geborgen zu werden. Mittlerweile sind die deutschen Flüsse aber so sauber, dass man zwar weiterhin im reißend schnellen Rhein sein Leben riskiert, aber kerngesund mit der Strömung kämpft. Und? Wo bleibt jetzt die schlechte Nachricht? Gibt es nicht, weil schlechte Nachrichten über Regierungsmitglieder in den USA genauso verboten sind wie das Baden im mit Fäkalbakterien verseuchten Rock Creek.

Fox News hat deswegen die Proteste, die auf den Gesundheitsminister niederprasselten, weil er seine Enkel in die stinkende Brühe geschickt hat, gleich mal abgeschmettert: „Was ist schlimmer: Kinder, die in einem Bach schwimmen oder den ganzen Tag mit einem iPhone oder einem iPad spielen?“ Nun könnte man entgegenhalten, dass man sich beim Spielen mit dem iPhone eher selten mit E-Coli-Bakterien ansteckt. Aber dieses ewige Genörgel, das einsetzt, sobald Politiker andere Wege beschreiten, in diesem Fall Wasserwege, zeigt nur, dass die Menschen nicht verstanden haben, wie Amerika das Land werden konnte, das es heute ist: Think big! Sich einsam einer Gefahr auszusetzen, wirkt verzweifelt. Aber gleich die ganze Familie ins Wasser zu schicken, kann als Zeichen der Stärke gelesen werden. Ich bin kein einsamer Irrer, ich bin ein Admiral, der zeigt, wie man planschend untergeht.

Das hätte seinerzeit der SPD-Politiker Rudolf Scharping beherzigen sollen, als er 2002 als Verteidigungsminister auf Mallorca mit seiner Lebensgefährtin Kristina Gräfin Pilati-Borggreve im Pool die politische Badesaison auf vielen Seiten des Magazins Bunte eröffnet hatte. Scharping setzte sich dabei weniger den Bakterien als der Bussi-Gefahr aus. Er küsste die Gräfin, während die Bundeswehr kurz vor einem lebensgefährlichen Einsatz in Mazedonien stand. Vor allem deshalb entließ ihn Bundeskanzler Gerhard Schröder. Wie aber wäre RFK Jr. vorgegangen? Er hätte die einsatzerprobten Enkel mit in den Pool genommen. Nicht die Gräfin, sondern die Enkel wären dann geherzt worden. Trump wäre später mit einer aufblasbaren Strand-Kettensäge dazugekommen und hätte den Pool von Mallorca sofort in den Golf von Mar-a-Lago umbenannt. Fox News hätte dann zur Primetime ein Video gezeigt, in dem alle auf dem Wasser gehen und „Wir sind Leo!“ singen. Das glaubt jeder, man muss nur genug RFK-Jr.-Bakterien im Kopf haben.

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