GlosseDas Streiflicht

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Trump sagt, es sei dumm, ein teures Geschenk nicht anzunehmen. Klug dagegen wäre es, Weihnachten in den Sommer zu verlegen. Denn wer glücklich im Freien sitzt, hat wenig Wünsche.

(SZ) Es ist höchste Zeit, über Weihnachten nachzudenken. Gerade scheint die Sonne, und zu Weihnachten gibt es sowieso keinen Schnee mehr. Man könnte also überlegen, das Fest in den Mai oder in den Juni zu verlegen. Sollte der Geburtstag des Herrn tatsächlich am 24.12. gewesen sein, wäre das kein Problem. Die verblichene Queen Elizabeth II. zum Beispiel wurde am 21. April geboren, offiziell feierte man ihren Geburtstag aber stets am zweiten Samstag im Juni. Geht also, der Juni. Im Juni könnte man an den Weihnachtsfeiertagen draußen sitzen, und wenn der deutsche Mensch als solcher irgendetwas wirklich will, dann ist das, draußen zu sitzen. Sobald hierzulande die Sonne scheint, stürzen alle in die Gärten, die Biergärten, die Restaurants mit Freisitz, die Cafés an den Flussufern et cetera. Draußensitzen ist – Heimatminister Alois Rainer, aufgepasst! – typisch deutsch. Weihnachten mit Draußensitzen wäre so was wie Deutschland ohne AfD und Frankreich ohne Gérard Depardieu.

Es gibt einen weiteren Grund, jetzt über Weihnachten nachzudenken: Donald Trump. Zu Weihnachten nämlich bekommen oder geben viele Menschen Geschenke. Trump ist gerade am Golf von Amerika 2 unterwegs, der noch Persischer Golf heißt, aber nicht mehr lange. In Katar will ihm der dortige Emir ein Flugzeug schenken, ihm persönlich, nicht etwa den USA. Eine Boeing 747, die 400 Millionen Dollar wert ist. Trump will das Flugzeug zu seiner neuen Air Force One umbauen lassen. Der Präsident hat für sich Weihnachten schon in den Mai verlegt. Er meint, es sei „dumm“, so ein Geschenk nicht anzunehmen. Dies bedeutet, dass Trump Korruption, Bestechung und Bestechlichkeit für klug hält. Dass dieser US-Präsident for sale ist, weiß man inzwischen. Aber es ist trotzdem immer wieder erstaunlich, wie kaltblütig Trump Gesetze und Regeln bricht, ohne dass ihm irgendetwas passiert. Armes Amerika, arme Welt.

Was eigentlich wäre Weihnachten ohne Geschenke? Für Kinder wäre das nichts. Für alle anderen wäre es gut, weil man sich dann nicht über Materielles mitteilen müsste, weil man nicht in überfüllten Innenstädten nach Verschenkbarem suchen müsste, weil man nicht Jeff Bezos noch reicher machen würde, weil man nicht auf den Emir von Katar neidisch sein müsste. Das mit den Kindern ließe sich leicht lösen: ein Geschenketag im späten Mai, an dem alle unter 16 Geschenke bekommen. Die Bescherung könnte im Freien stattfinden. Die Tage um den 24.12. wären geschenkeloser Besinnlichkeit und Religion für die, die es mögen, gewidmet. Und im Juni gäbe es das große Weihnachtsfest mit Grillen, Strandleben und dem gelegentlichen Absingen antiamerikanischer Lieder von Leonard Cohen und Hannes Wader. Weihnachten im Juni ohne Geschenke wäre so wie Deutschland ohne die AfD und die Welt ohne Trump und Putin. Fast unvorstellbar.

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