Glosse: Das StreiflichtEin Blick ins geheime Tagebuch des Friedrich Merz

Lesezeit: 2 Min.

Tag 2: Im schönen Paris bei Emmanuel. Friedrich Merz besucht Frankreichs Präsidenten. Was er wohl aufschreiben wird?
Tag 2: Im schönen Paris bei Emmanuel. Friedrich Merz besucht Frankreichs Präsidenten. Was er wohl aufschreiben wird? (Foto: Tom Nicholson/Getty Images)

Wie alle großen Männer hält auch der neue Kanzler seine Siege und Triumphe für die dankbare Nachwelt fest. Das Streiflicht hat die ersten Tage über mitgelesen.

(SZ) Wer heutzutage durch eine der größeren Buchhandlungen schlendert, findet zwar nur noch hinten links tatsächlich Bücher. Dafür aber gibt es zwischen all den Stiften mit Tierköpfen, Nackenkissen für den Liegendleser und Perlensets Modell „Schmetterling“ immerhin eine stattliche Anzahl von Notizbüchern, die inzwischen freilich „My Bullet-Journal“ oder „Dankbarkeitstagebuch“ heißen. Für all jene, die ihr Leben nicht ausschließlich durch tägliche Reels über die Ergebnisse der abendlichen Kinnpartie-Massage mit dem neu erstandenen Rosenquarzroller dokumentieren wollen, eine schöne Alternative. Dass sich mit einem Tagebuch Bleibendes schaffen lässt, haben die großen Tagebuchschreiber der Vergangenheit ja längst bewiesen. Und auch sonst kann so ein Tagebuch eine Stütze, ach was, ein echter Freund und Begleiter in guten wie in schlechten Zeiten sein.

Nicht umsonst schrieb etwa Anaïs Nin: „Ich habe das Gefühl, dass ich etwas rette, wenn ich es in das Tagebuch aufnehme. Dort ist es lebendig.“ Oder Max Frisch: „In meinem Falle setze ich an die erste Stelle, was ich Notwehr nenne: versuchen, mit dem Leben fertig zu werden, indem man Dinge benennt, die man vielleicht vor einem anderen gar nicht benennen kann.“ Astrid Lindgren wiederum begann ihre Kriegstagebücher mit den Sätzen: „Oh! Heute hat der Krieg begonnen. Niemand wollte es glauben.“ Es ist also nicht verwunderlich, dass auch Friedrich Merz beschlossen hat, die von ihm bereits vorempfundene Größe seiner Kanzlerschaft schriftlich festzuhalten. Obwohl das „My Kanzler-Diary“ durch das BKA mit einem Vorhängeschloss in Form einer Veltins-Flasche gesichert wurde, ist es dem Streiflicht gelungen, Einblick in die Einträge aus Merz’ erster Woche im Amt zu nehmen.

„So! Bin Kanzler. Geht doch!“, heißt es etwa in der Notiz vom späten Dienstagabend. Und: „Habe Angela ein Foto von meiner Urkunde geschickt. PS: Um die Abweichler soll der Jens sich kümmern. Bisschen Rambo-Zambo machen!“ Mittwoch dann, nach den Antrittsbesuchen in Paris und Warschau:  „Ich reise niemals ohne mein Tagebuch. Man sollte immer etwas Aufregendes zu lesen bei sich haben. PS: Der Donald hat sich in Warschau ganz schön aufgeregt. Wegen ein bisschen Migrationswende! Bringe ihm nächstes Mal ein Fass Veltins mit.“ Dann, Donnerstagnacht: „What a day! Erst Gedenkstunde im Bundestag, danach weißer Rauch in Rom. Dieser Leo hat seinen Laden nicht im Griff. Vier Wahlgänge! Mannomann. Abends mit Trump telefoniert. Hat vorgeschlagen, Mexiko für unseren Grenzschutz zahlen zu lassen. Habe ich gleich Alexander gesimst.“ Der bislang letzte Eintrag ist ein P.S. von Freitagfrüh: „Markus schreibt jetzt auch Tagebuch. War ja klar! Hat mir den ersten Eintrag gezeigt: Oh! Heute hat Friedrichs Kanzlerschaft begonnen. Niemand wollte es glauben.“

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: