Glosse: Das StreiflichtDieses Tier hat viel politisches Potenzial

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Eine „missgestaltetste, garstigste Erscheinung“, schimpfte Brehm über die Hyäne. Heute sieht man das ganz anders. Schabrackenhyäne in Kenia, aus der Reihe "Tierwelten" NDR/Hit Wildlife
Eine „missgestaltetste, garstigste Erscheinung“, schimpfte Brehm über die Hyäne. Heute sieht man das ganz anders. Schabrackenhyäne in Kenia, aus der Reihe "Tierwelten" NDR/Hit Wildlife (Foto: OBS/OBS)

Die Linken-Politikerin Heidi Reichinnek möchte sich das Bild einer Hyäne tätowieren lassen. Eine gute Entscheidung.

(SZ) Pete Hegseth, der amerikanische Verteidigungsminister, ist eine extrem coole Socke, und dies nicht nur, weil er dem üblichen Topsecret-Getue vor Militärschlägen mit einer Transparenz-Offensive begegnet, an der sich die zur Papstwahl abgeschotteten Kardinäle ein Beispiel nehmen könnten. Noch beeindruckender sind seine Tätowierungen, deren Bildprogramm so feinsinnig gestaltet ist, als wäre es eine Bewerbung für einen militanten Kreuzritter-Gedächtnis-Klub. Hegseths rechte Brust ziert das Jerusalemkreuz, das Wappen des 1099 von den Kreuzfahrern gegründeten Königreichs Jerusalem; auf einem Unterarm prangt ebenfalls ein Kreuz, an dem statt des Gekreuzigten ein Schwert hängt, und selbstverständlich fehlt der unter Rechtsextremisten beliebte Kreuzritter-Schlachtruf „Deus vult“ (Gott will es) ebenso wenig wie das Gewehr AR-15, das viele Amerikaner als ihr Lieblingsmöbelstück pflegen. Offenkundig interpretiert Hegseth die christliche Botschaft als Aufruf zur Mobilmachung, vorzugsweise gegen Muslime. Eigentlich, so denkt man im ersten Moment, würde auch eine Hyäne gut auf Hegseths Gotteskrieger-Körper passen, denn Hyänen, so lehrt der große Tierversteher Alfred Brehm, zeichnen sich durch „Störrigkeit, Bosheit und Wehrhaftigkeit“ aus.

Nun aber liest man mit Erstaunen, dass eine ganz anders gepolte Politikerin plant, ihrer Haut ein Hyänen-Tattoo zu spendieren. Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek will, so hat sie dem Bildungsmagazin Bunte verraten, ihren vielen bedeutungsvollen Tätowierungen, darunter Kater, Otter und Rosa Luxemburg (das rosa Einhorn der Linken), ein Bild jenes Tiers hinzufügen, das der alte Brehm als die „missgestaltetste, garstigste Erscheinung“ unter sämtlichen Raubtieren geißelt. Die Hyäne also – aber die, sagt Reichinnek, hat ihr schlechtes Image nur wegen des Disney-Films „König der Löwen“, in dem Hyänen so fies sind, als hätte Brehm das Drehbuch geschrieben. In Wirklichkeit aber seien Hyänen „sehr fürsorgliche Tiere“. Übrigens haben bei den Tüpfelhyänen die Weibchen das Sagen – auch dies ein Beleg, dass sie den Menschen kulturell weit voraus sind.

Wer sich ein wenig mit Hyänen beschäftigt, wird zugeben: Heidi Reichinnek hat recht. Im Hyänen-Rudel herrscht ein gut organisierter Sozialismus, nicht ganz im Sinne von Karl Marx, aber die Richtung stimmt. Jedenfalls würde man lieber mit einer Hyäne in den Urlaub fahren als mit Pete Hegseth. Überhaupt ist es ein Skandal, was Tieren alles nachgesagt wird. Dass die Gans dumm sei, behaupten nur Leute, die schafsblöde sind. Halt, Schafe sind gar nicht blöd, das glauben nur Menschen mit Spatzenhirn, was man aber auch nicht sagen darf, denn Spatzen haben erstaunliche Fähigkeiten. Wer Beispiele für Dummheit sucht, sollte besser in der Menschenwelt nachsehen. Vielleicht mal in Washington.

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