Glosse:Das Streiflicht

Glosse: Das Streiflicht

Das Streiflicht

(Foto: SZ)

(SZ) Die Schwaben, und ja, auch die Badener, die Gelbfüßler oder gar Badenser zu nennen wir niemals wagen würden, sind ein rätselhafter Menschenschlag. Entdeckungsreisende, welche die Gegend um Stuttgart bis runter zum Schwarzwald erkundet haben, berichten von Eingeborenen, die eine schriftlich kaum wiederzugebende Sprache sprechen, die genauso unverständlich ist wie alle anderen Dialekte, mit Ausnahme des Friesischen. Einem gängigen Vorurteil zufolge sind die Schwaben von Natur aus fleißig, aber das stimmt so nicht. Sie werkeln und tüfteln Tag und Nacht, nur um keine Gelegenheit zu haben, ihre Ersparnisse auszugeben. So hat jeder Schwabe ein Sondervermögen in Höhe der Baukosten von Stuttgart 21, das er entweder in sein Häusle einmauert oder in Steuervermeidungsländern wie der nahe gelegenen Schweiz deponiert. Die Sorge um das Ersparte gründet so tief, dass der Schwabe an der Welt als solcher zweifelt und im Zuge dessen zu dichten und zu denken beginnt. Wohin das führt, hat der schwäbische Dichter Eduard Paulus in präzise ausgetüftelten Versen beschrieben: "Wir sind das Volk der Dichter,/Ein jeder dichten kann,/Man seh' nur die Gesichter/Von unser einem an.//Der Schelling und der Hegel,/der Schiller und der Hauff,/das ist bei uns die Regel,/das fällt hier gar nicht auf."

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