Glosse:Das Streiflicht

Der Sänger Max Raabe mag E-Bikes nicht besonders. Recht hat er, denn es ist gut und gesund, sich ein bisschen abzustrampeln.

(SZ) Schön, mal wieder von Max Raabe zu hören, dem herrlich Unzeitgemäßen, dem Neid und Bewunderung aller Zeitgemäßen deshalb atlantikwellenhaft entgegenschlägt, weil es ihnen am Mut mangelt, unzeitgemäß zu sein. Für die wenigen, die nicht wissen, von wem hier die Rede ist: Max Raabe ist der Sänger in Smoking und Frack, der uns in ironisch-meliertem Tenor die große Schlager- und Couplet-Kultur der Goldenen Zwanziger schmackhaft macht. "Amalie geht mit 'nem Gummikavalier", diesen kessen (können wir bitte dieses Wort wieder einführen?) Badesaisonschlager von damals, sang Raabe wie üblich mit seinem hocheleganten Palastorchester. Er handelt von besagter Dame, die mit einer Schwimmhilfe aus Gummi an verschiedenen Badeorten ("Nordsee-Ostsee-Wannsee-Swinemünde") mit ebendiesem frivolen Begleiter gesichtet und wohl auch gefürchtet wurde. Irgendwann begann Raabe mit seiner Freundin Annette Humpe selbst wunderschöne Lieder zu ersinnen, zum Beispiel die Zeilen: "Küssen kann man nicht alleine/ Und ich sag dir auch den Grund./ Küssen, das geht auf keinen Fall alleine/ Denn dafür brauch ich einen andren Mund." Zu den Eigentümlichkeiten dieses Liedes zählt auch der Umstand, dass zuvor niemand auf die Idee gekommen ist, diesen so einfachen wie zentralen Gedanken der Liebeskunst in singbare Worte zu fassen.

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