Glosse:Das Streiflicht

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Das Streiflicht (Foto: SZ)

Über den klugen Vorschlag, die Gerüche und Geräusche des Landlebens unter besonderen Schutz zu stellen.

(SZ) Eines der beliebtesten Narrative an bayerisch-bäuerlichen Stammtischen ist die Erzählung vom Stadtmenschen, der aufs Land zieht und sogleich einen juristischen Feldzug gegen Glockenlärm, Hahnenschrei und Misthaufen führt. Kaum geschildert, löst die Skandalgeschichte kollektive Empörung aus, die aber bald in Heiterkeit mündet, weil sich die Stammtischler in ihrer Wut einig wissen und darauf anstoßen können. Von den Dörflern wird so ein Störenfried, egal ob er aus München oder Berlin stammt, summarisch als "Preiß" abqualifiziert - und als Depp. Schön blöd war er, der Preiß, als man ihm die zu Bauland umgewidmeten, nutzlosen Streuobstwiesen für zig Millionen angedreht hat. Trotzdem sollte er dankbar sein und nicht Ansprüche stellen, die nur den Alteingesessenen zukommen. Vor allem aber sollte er das Federvieh in Ruhe lassen. Schon mancher stolze Hahn hat den Kopf verloren, nur weil er frühmorgens krähte und der Preiß einen ebenso fiesen wie fähigen Anwalt hatte. So geht die traditionelle Dorfkultur vor die Hunde, die übrigens auch nicht bellen sollten. Das Morgenkonzert eines ländlichen Gockel-Ensembles ist nun mal durch nichts zu ersetzen, auch nicht durch Heavy-Metal-Gedröhn von Traktoren und Mähdreschern.

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