Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Manchmal verändern sich Menschen oder Dinge so sehr, dass man das, was man in ihnen gerne wiedererkennen würde, nicht mehr sieht, und stattdessen mit etwas konfrontiert wird, das man gar nicht sehen will. Nein, dieser Text beschäftigt sich nicht mit dem neuen SPD-Vorstand. Es geht vielmehr um Wolfgang Petry, der selten im Vordergrund der Aufmerksamkeit dieser Zeitung steht, aber dennoch ein bekannter Mann ist. Petry hatte früher lange Haare, einen Schnauzbart (was nicht ehrenrührig ist) und sang Schlager, jahrzehntelang. Das Schlagerwesen insgesamt ist zwar in gewissen Milieus verpönt, hat aber die Republik deutlich mehr geprägt als dies Arno Schmidt oder Gerhard Richter getan haben. Petry gehört zu den sehr prominenten Schlageristen mit Liedern wie "Wahnsinn" oder "Weiß der Geier" ("Weiß der Geier oder weiß er nicht / ganz egal ich liebe dich"). Sehr schön ist diese nüchterne Gebrauchslyrik, die gar nicht an Hermann Hesse erinnert, selbst wenn Hesse mal unter dem Einfluss eines Cocktails aus LSD und Getriebeöl gedichtet hätte.

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