Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Oft ist es ja so, dass Schriftsteller zwar genau wissen, wie sie ihren neuen Roman anlegen wollen, sich aber nicht entscheiden können, welche Namen sie ihren Figuren geben sollen: Werther? Briest? Samsa? Matzerath? Mittlerweile verfügt das Netz über Generatoren, die Namen wie Claudia Svantje Kopfhof-Felsenmacher oder, falls der Roman im arabischen Raum spielen soll, Mahmoud ibn Ali al-Ash-gahadi hervorbringen. Liest man derlei, könnte man meinen, schon Hermann Hesse hätte sich dieser Methode bedient und so für das "Glasperlenspiel" den kastalischen Historiker Plinius Ziegenhalß entwickelt. Natürlich war es ganz anders. Hesse spielte mit dem Nachnamen Ziegenhalß auf die eigene Physis an, nämlich auf seinen langen, sehnigen Hals, den er durch das "ß" launig verfremdete. Und der rare Vorname Plinius? Käme er bei dem großen Kinderbuchautor Paul Maar vor, müsste man annehmen, er habe ihn auf einem Friedhof gefunden, genauer gesagt auf einem Grabstein, doch wäre das mehr als unwahrscheinlich, da man vielleicht noch Philaios oder Prokop heißt, aber praktisch seit Plinius' des Jüngeren Zeiten kaum mehr Plinius.

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