Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Es ist immer eine Freude, mit Freunden bei einem gepflegten abendlichen Dinner den Weltgeist zu erörtern, und noch größer wird die Freude, wenn just in dem Moment, in dem man Seehofers Politik im Licht der Hegel'schen Rechtsphilosophie betrachtet, die Kinder vom Nachbartisch aufkreuzen und mit fröhlichem Geschrei das Schminktäschchen ihrer Mutter über die eben servierten Amuse-Gueule-Teller ausleeren. Sofort kommt Leben in die bis dahin so akademisch steife Runde, geradezu euphorisch nimmt man zur Kenntnis, dass die so oft als geistlos gescholtene Jugend ja nun doch zu Aktionen kultivierter Anarchie im Geiste Bakunins fähig ist. Noch ausgelassener wird die Stimmung, wenn der kleinste der Knirpse an der Tischdecke zerrt, bis die Aperitifgläser kippen und das ohnehin viel zu süße Gesöff über die Tischkante hinweg auf die Hosenbeine tropft. Die Eltern der lustigen Schar sind sichtbar beglückt ob der beispielhaften Kontaktfreudigkeit ihrer Sprösslinge, und selbstverständlich können die Opfer solcher Zuwendung nicht anders, als den Herrschaften, deren Erziehungsprogramm derart herzerfrischende Früchte trägt, mit einer Runde Prosecco zu danken.

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