Das Streiflicht

(SZ) Läuft uns ein Aphorismus über den Weg, sind wir natürlich versucht, eine Verbindung zu seinem Autor herzustellen, um das Bonmot auf diese Weise noch besser zu verstehen und zu genießen. Wenn also der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki sagt, Jesus habe seinerzeit "auch nicht unbesorgt auf einem Ponyhof" gelebt, so ergeben sich alsbald zwei Fragen. Erstens, bezogen auf das Wörtchen "auch": Ging es Woelki ähnlich, lebte auch er nicht unbesorgt auf einem Ponyhof? Zweitens, bezogen auf den theologischen Gehalt des Ausspruchs: Ist der Ponyhof eine in der Bibelauslegung gebräuchliche Vergleichsgröße, vielleicht sogar eine Art geometrischer Ort für Jesu Lebensumstände und Befindlichkeiten? Die erste Frage ist zu bejahen. Woelki wuchs in Köln-Mülheim auf, leistete seinen Wehrdienst bei der Panzerartillerie und studierte an der Päpstlichen Universität Santa Croce - Ponyhöfe stellt man sich anders vor. Zur zweiten Frage ist anzumerken, dass der Ponyhof als Topos in der Exegese bisher nicht belegt ist. Ob Woelki selbst ihn schon verwendet hat, wäre über seine Dissertation "Die Pfarrei - ein Beitrag zu ihrer ekklesiologischen Ortsbestimmung" zu eruieren, doch ist diese Arbeit, wie vielfach beklagt, kaum greifbar.